„Laufbereitschaft, Aggressivität, Stabilität – das alles stimmte“

Das spricht die Wormser Zeitung:

Punkt fürs Selbstvertrauen

Es wird. Das „Triple der Tränen“ beim VfR Wormatia Worms ist durchaus vermeidbar – dies jedenfalls lässt die Entwicklung des Fußball-Regionalligisten in den letzten Wochen erahnen. Selbst wenn im Heimspiel gegen den FC Memmingen aus dem bayerischen Regierungsbezirk Schwaben „nur“ ein torloses Unentschieden gelang, so wächst die Hoffnung auf den ersten sportlich realisierten Klassenerhalt am Ende der dritten Regionalligasaison. Die Signale bei den Nibelungenstädtern im kämpferischen, spielerischen und taktischen Bereich sind deutlich positiver. Es wird!

„Laufbereitschaft, Aggressivität, Stabilität – das alles stimmte“, wirkte Ronald „Ronny“ Borchers nach der Partie keineswegs zerknirscht. „Wir haben heute vieles ziemlich gut gemacht“, fügte der VfR-Trainer an. Nur eines machte sein Team nicht ganz so gut: Wormatia erzielte kein Tor. Speziell galt dies für die turbulentesten fünf Minuten der Begegnung zwischen der 24. und 28. Minute. Nicht Isaac Ojigwe bei seinem wuchtigen Kopfball in die Arme von FC-Keeper Philipp Beigl (24.), nicht Sandro Rösner mit einem krachenden Volleyhammer am Kasten vorbei (27.) und auch nicht Lucas Oppermann nach tollem Solo (28.) veränderten etwas am 0:0-Unentschieden, auf das die Gäste offensichtlich von Beginn an spekulierten. In diese Phase fiel auch die einzige bemerkenswerte Offensivaktion der Männer aus Memmingen. Wormatias Torwart Kevin Knödler musste Kopf und Kragen riskieren, um einen Konter über Ejnar Kahric zu entschärfen (25.).

Im Strafraum fehlt die Kaltschnäuzigkeit

Es wunderte also kaum, dass Gästetrainer Esad Kahric nachher vom „schlechtesten Saisonspiel seiner Mannschaft“ sprach. Kahric weiter: „Wir haben keinen guten Tag erwischt. Wormatia hat das Spiel komplett kontrolliert und nicht viel zugelassen.“ In der Tat: Die Wormser hatten bildlich gesprochen die Hosen an – nur saß der Gürtel zu locker. Locker und mit einem Lächeln auf den Lippen nahm’s in der Pressekonferenz auch Ronny Borchers. „Wer gerade meinen Kollegen hörte, der kann es gar nicht recht glauben, dass meine Mannschaft nicht gewonnen hat.“ An der Spielweise seiner Elf mochte der erfahrene Übungsleiter wenig bemängeln. „Einzig im gegnerischen Strafraum fehlte es meinen Jungs an Kaltschnäuzigkeit.“

Beleg für diese These von Borchers lieferte eindrucksvoll eine Szene aus der 68. Minute: Wormatias „spielender Stürmer“ Rudi Hübner wirbelt mächtig in der Gefahrenzone der Bayern, lässt zunächst einige Memminger Abwehrspieler wie Slalomstangen stehen, schießt, aber Gästekeeper Beigl hält. Den Abpraller gibt der zuletzt sehr treffsichere VfR-Angreifer jedoch nicht rüber zum freien Martin Gollasch, der nur noch hätte zum 1:0 einschieben müssen, sondern Hübner probiert es in Torjägermanier selbst, scheitert aber am auf der Linie für seinen Torwart klärenden Harald Holzapfel. Bittere Erkenntnis in diesem Moment: Sicher ist im Fußball nur, dass nichts sicher ist – und selbst das nicht. Hübner löste „seine Torgarantie“ aus den beiden Spielen zuvor diesmal gegen Memmingen eben nicht ein.

Auch Hübner trifft nicht immer

Die Fans nahmen das dem mit sechs Saisontreffern erfolgreichsten Wormaten Hübner aber keineswegs krumm. Ganz im Gegenteil. Unterstützung allenthalben für die kämpferisch, spielerisch und taktisch überzeugende Wormatia-Elf von der ersten bis zur letzten Minute. Beistand besonderer Art gab es auch von Borchers. Der Trainer schenkte seiner Startelf bis zum Abpfiff das Vertrauen. Beim nach einer Verletzung noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte befindlichen Kevin Wittke überlegte Borchers freilich einen Wechsel. Er verzichtete darauf. Wieso? „Weil ich Kevin diesen einen genialen Moment zutraute.“ Der Geniestreich blieb aus. Ronny Borchers konstatierte kämpferisch: „Den versäumten Dreier müssen wir uns halt in Pfullendorf holen.“

Das spricht die Memminger Zeitung:

Alles gehalten

Helden wurden an diesem neblig-grauen Nachmittag, an dem die Sonne nur gegen Ende der Partie blinzelte, nicht geboren, vielleicht mal abgesehen von Philipp Beigl. Der 18-jährige bekam von FCM-Trainer Esad Kahric erneut den Vorzug vor Tobias Kirchenmaier und hielt beim 0:0 nun schon 320 Minuten hintereinander seinen Kasten sauber. Mit der «Nullnummer» sind die Memminger vier Spieltage – übrigens seit Beigl im Tor steht – ungeschlagen, auf Tabellenplatz zehn zu finden und haben den Elf-Punkte-Vorsprung auf die Abstiegszone gehalten. Soweit die positiven Seiten.

Abgesehen von der ersten Viertelstunde waren es nämlich die Nibelungenstädter, die deutlich mehr vom Spiel und auch das Gros an Tormöglichkeiten hatten. Dennoch war sogar noch ein Dolchstoß drin: Hätte Maximilian Knuth in der Nachspielzeit getroffen oder wäre Andi Hindelangs Schuss von der Strafraumgrenze nicht geblockt worden. Es wäre aber wohl des Guten zuviel gewesen. Zuvor hatten die Memminger bei ihrem Gastspiel am Rhein reichlich Glück. Als Gollasch im Strafraum fiel (19.), entschied Schiedsrichter Günsch nicht auf Elfmeter sondern zeigte dem Wormser die Gelbe Karte wegen einer «Schwalbe». Mitte der ersten Hälfte parierte Beigl zunächst einen platzierten Kopfball von Ojigwe (23.), drei Minuten später gegen Oppermanns listigen Versuch ins kurze Eck. Überhaupt war es der umtriebige Oppermann, der das Angriffspiel der Einheimischen vehement forcierte.

Erneut Glück für den FCM und ein Pfeifkonzert für den Unparteiischen, als Pfohmanns Ellenbogen im Gesicht von Gollasch landet, er dafür vom Schiri aber «nur» Gelb sah. Als Oppermann Ellenbogen dann kurz vor der Pause an Pfohmanns Kopf landete, hatte es kartentechnisch die gleichen Folgen – für den Memminger Kapitän war die Partie aber wegen einer Platzwunde beendet.

Holzapfels gelungenes Comeback

Harald Holzapfel gab nach seiner Verletzungspause sein Comeback, was sich in der 68. Minute auszahlen sollte. Einen Hübner-Schuss auf das leere Tore konnte der Verteidiger noch weggrätschen, den ersten Versuch des Wormser Angreifers entschärfte (einmal mehr) der junge Keeper Beigl. So blieb die Partie am Ende torlos, einen Punkt haben sich die Memminger mehr erkämpft als erspielt. Fußballfestspiele waren es jedenfalls nicht.

So sah es auch FCM-Trainer Esad Kahric, der seiner Mannschaft aufgrund der kämpferischen Einstellung ein Kompliment machte, aber „wir haben hier keinen guten Tag erwischt, vor allem mit unserem Spiel mit Ball kann ich nicht zufrieden sein. Wir haben heute nicht sehr viel positives von unserer Mannschaft gesehen“. Besser sah er sein Team im zweiten Durchgang, als den Gastgebern lediglich eine gute Möglichkeit zugestanden wurde.

Wormatia-Trainer Ronny Borchers hingegen erkannte einen weiteren Aufwärtstrend seiner Mannschaft, die er „außerordentlich gut“ in dieser Partie gesehen hat.

„Wir wollten unbedingt alle drei Punkte und hätten sie auch verdient“, war er mit der Vorstellung der Wormatia zufrieden – und hatte auch keinen Grund, irgendeinen Spieler vorzeitig vom Feld zu holen.