100 Jahre Seppel Fath

Heute vor genau 100 Jahren wurde Josef "Seppel" Fath geboren. Grund, einmal an den im Jahr 1985 verstorbenen größten Wormser Fußballstar zu erinnern.

Josef „Seppel“ Fath wurde am 27. Dezember 1911 in Worms geboren. Seine fußballerische Jugendzeit verbrachte er bei Olympia Worms, einem 1915 in der Altstadt von einer Gruppe von Freunden gegründeten Verein. Als dieser später mit Alemannia Worms fusionierte, trat Fath 1933 dem von ehemaligen Olympioniken gegründeten FC Blau-Weiss bei. Noch im gleichen Jahr schloss er sich schließlich dem VfR Wormatia an, wo die Fachpresse schon nach wenigen Auftritten in der Gauliga Südwest auf den nur 1,60m großen Linksaußen mit den markanten O-Beinen aufmerksam wurde. Faths Schnelligkeit und beidfüßig außergewöhnliche Schusskraft waren seine Markenzeichen, zu denen auch Tore aus unmöglichen Winkeln, wie direkt verwandelte Eckbälle zählten (einst gleich vier Stück in einem Spiel!). Schon im April 1933 führten seine Qualitäten zur ersten Nominierung für die Süddeutsche Auswahlmannschaft. Hier hinterließ er nachhaltigen Eindruck, sodass auch Reichstrainer Otto Nerz auf „es Seppelche“ aufmerksam wurde. Am 9. September 1934 erhielt er seine erste Berufung in die Nationalmannschaft und durfte sich beim 5:2-Sieg in Warschau gegen Polen beweisen. Einen Monat später folgte die nächste Einladung zum Länderspiel gegen Dänemark in Kopenhagen, wo Fath mit drei Treffern großen Anteil am 5:2-Sieg hatte. Spätestens nach seinem dritten Länderspiel, wo er beim 6:1 gegen Belgien zwei Treffer beisteuerte, wurde er auch in der Nationalmannschaft auf Linksaußen eine feste Größe und unumstrittener Stammspieler. Höhepunkt und absoluter Pflichtbestandteil jeder Erzählung über Seppel Fath ist der 23. Februar 1936, dem Länderspiel in Barcelona gegen Spanien. Mythen ranken sich um dieses Spiel, Spanien habe bis du diesem Spiel wahlweise zwei Jahre nicht verloren oder zwei Jahre kein Tor mehr kassiert, bis dieser kleine Wormser kam und vor 90.000 Zuschauern beide Treffer zum sensationellen deutschen 2:1-Sieg erzielte. Und das nicht gegen irgendwen – im Tor stand Ricardo Zamora von Real Madrid, weltbester Torhüter der 20er und frühen 30er Jahre, genannt „der Göttliche“. Tatsächlich hatte Spanien mit Zamora im Tor seit 1933 nicht mehr verloren, er war mit 35 Jahren aber auch nicht mehr allererste Wahl. Was Faths Leistung nicht schmälern soll, denn äußerst selten kassierte Zamora mehr als ein Gegentor und diese beiden Treffer waren sogar etwas ganz Besonderes: Zum Einen war es Zamoras 46. und letztes Länderspiel, zum Anderen auch Faths letzte Tore in der Nationalmannschaft. Eine hartnäckige Verletzung in beiden Knien setzte Fath 1936 längere Zeit außer Gefecht. Sein lädierter Meniskus brachte ihn um die Olympischen Spiele in Berlin und erst zwei Jahre später konnte er gegen Ungarn und Portugal die Länderspiele zwölf und dreizehn hinzufügen. Das 1:1 gegen Portugal war sein letztes, nach dem Anschluss Österreichs setzte Trainer Herberger beim verordneten Aufbau einer großdeutschen Mannschaft auf Hans Pesser von Rapid Wien.

Obwohl Schalke 04 und ein Verein aus England großes Interesse an Seppel Fath zeigten, blieb er Wormatia treu und der Held der Wormser Jugend. Bei Wormatias erstem Auftritt in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1936 erzielte er fünf Tore in sechs Spielen, 1937 konnte er nicht mitwirken und 1939 in zwei Spielen noch einmal ein Tor beisteuern. Auch in der ersten Kriegssaison der Gauliga Südwest 1939/40 hatte er das trotz Kniebeschwerden das Toreschießen nicht verlernt und traf in zehn Spielen zehn Mal. Der Krieg machte das Fußballspielen immer schwieriger, Fath und seine Mannschaftskameraden wurden in alle Winde zerstreut. Ein regelmäßiges Training war nicht mehr möglich, die Mannschaft traf sich lediglich zu den Spielen und bestand aus Urlaubern, Gastspielern und Minderjährigen. Einige in der näheren Umgebung stationierte Wormaten ließen sich für die Spiele so oft wie möglich vom Dienst freistellen. Seppel Fath gehörte jedoch nicht dazu, wie die Lokalpresse ein wenig vorwurfsvoll feststellte. Doch hier dürfte nicht mangelnde Vereinsliebe ausschlaggebend gewesen sein, sondern Faths lädierte Knie, wegen derer er seine Karriere 1940 offiziell beendete. Trotzdem war sein Name bis 1945 vereinzelt in der Mannschaftsaufstellung zu lesen und auch nach Kriegsende ließ Seppel es sich nicht nehmen, noch einmal die Fußballschuhe zu schnüren. 26 Spiele und 16 Tore in der Oberliga Südwest kamen hinzu, ehe er 1948 mit 37 Jahren endgültig die Schuhe an den Nagel hing.

Dreizehn Länderspiele und sieben Tore, dazu rund fünfzig Spiele in verschiedenen Auswahlmannschaften und Auszeichnungen in In- und Ausland konnte Seppel Fath am Ende seiner Karriere vorweisen, blieb jedoch immer der bescheidene und „brave, in sich gekehrte Junge“, wie ihn zeitgenössische Quellen beschrieben. Bis 1976 leitete er eine Toto-Lotto-Bezirksstelle in Worms, wie so viele andere verdiente Fußballer in ganz Deutschland. Er lebte bescheiden, zurückgezogen und starb am 13. August 1985 im Alter von 74 Jahren. Worms wird seinen größten Fußballer, der 2011 hundert Jahre alt geworden wäre, nicht vergessen.

Dieser Beitrag wurde auch im Heimatjahrbuch 2012 der Stadt Worms unter dem Titel "Der bescheidene Wormser Fußballstar" (Autor: Christian Bub) veröffentlicht. Mit vielen weiteren interessanten Beiträgen ist es ist zum Preis von 8 Euro in allen Wormser Buchhandlungen erhältlich oder direkt beim Worms-Verlag.