| Behr: Weingarten ist mit SV Edenkoben nicht zu vergleichen

08.06.2003

Fußball: Vorsitzender bilanziert die erste Oberliga-Saison - Mit Rubeck in 19 Spielen 34 Punkte - James muss gehen
 
WEINGARTEN (jez). "Rein vom Endergebnis her kann man mit dem siebten Platz zufrieden sein. Das war ein versöhnlicher Abschluss nach einigen zwischenzeitlichen Turbulenzen." So bewertet Willi Behr, Vorsitzender des SV Weingarten, die zu Ende gegangene erste Oberliga-Saison des Vereins.
 

Er verhehlt nicht, dass "eine gehörige Portion Glück" dazu gehört habe, das ins Schlingern geratene Schiff wieder flott zu machen: "Unser Problem war, dass wir einfach zu viele Spieler verpflichtet haben, die es nicht gepackt haben, in der Oberliga zu spielen." Den Abstiegsrängen recht nahe gekommen, habe der SVW nach der Trennung von Helmut Behr die drei Spiele unter der Regie Feyzi Bayars glücklicher Weise "gut über die Runden gebracht". Und "dann kam mit Peter Rubeck ein Trainer, der in der Lage war, das Blatt zu wenden".

Rubecks Weckrufe

Nachtreten will Willi Behr nicht. Unter seinem Cousin Helmut Behr, der bis Oktober den Oberligisten coachte, sei "nicht alles verkehrt gewesen". So einfach dürfe man es sich nicht machen. Aber es sei auch Fakt, dass es nachher mit fast den gleichen Spielern plötzlich funktioniert habe.

Rubeck ist es gelungen "mit unüberhörbaren Weckrufen" die Mannschaft wach zu rütteln, wie Willi Behr anmerkt. Bitter notwendig sei das gewesen, in der Oberliga sei ein Fehler meist schon spielentscheidend. Er führt die Heimspiele gegen Worms und Bad Kreuznach an, die Weingarten - obwohl gleichwertig - mit 0:1 verlor und vergisst auch nicht zu erwähnen, dass diese Niederlagen nicht in die Ära Helmut Behr fallen. Man habe sich letztendlich eingestehen müssen, dass die Kombination zwischen Weingarten und seinem Cousin hinsichtlich der Neuverpflichtungen, hinsichtlich des Spielsystems und hinsichtlich der Motivation der Spieler einfach nicht mehr funktioniert habe.

"Die Tabelle lügt nicht, unter Helmut holten wir in 14 Spielen 16 Punkte, unter Peter Rubeck in 19 Spielen 34 Punkte," bilanziert der SVW-Chef. "Klar ist auch, hätten wir von Anfang mit den Instrumenten gearbeitet wie inzwischen, dann wären wir weiter." So war der SV Weingarten in der Rückrunde lange Zeit die stärkste Elf nach dem SC Hauenstein. Er ist der beste Aufsteiger und hatte die fairste Mannschaft der Liga.

13 000 Zuschauer

Eindeutig negativ ist für Behr der Zuschauerzuspruch. Rund 13 000 Zuschauer kamen zu den 18 Heimspielen, ein Schnitt von etwas weniger als 400 - "damit lagen wir unter unseren Erwartungen, das ist eindeutig zu wenig, deshalb können wir damit nicht zufrieden sein. Wir sind zwar sportlich der beste Aufsteiger, aber Röchling Völklingen, das ebenfalls aufstieg, hatte deutlich mehr Zuschauer."

Anders als der SVW, sei Völklingen eben eine alte Traditionsmannschaft, stellt der Vorsitzende dazu fest. Hinzu komme, dass es in der Verbandsliga sechs bis sieben Lokalderbys gegeben habe, in der Oberliga hingegen nur drei, gegen Hauenstein, Pirmasens und Worms. "Im kommenden Jahr können wir das hoffentlich mit dem Komfort in unserem neuen Stadion kompensieren", so der Vorsitzende. Ziel sei es, den Zuschauerschnitt um 200 auf 600 zu steigern.

Was sportlich machbar ist? Da lässt sich der Vorsitzende nicht aufs Glatteis locken: "Das Ziel lautet einfach: Wir wollen sportlich nicht schlechter abschneiden als dieses Jahr." Auf jeden Fall wolle der SVW in der kommenden Runde attraktiveren Fußball bieten.

Bis auf Sven Gerber und Benjamin James bleibt der Stammpielerka-

der zusammen. Für den Nigerianer James hat Behr keine Hoffnung mehr bezüglich einer Aufenthaltsgenehmigung. Sein Abgang ist ein Riesenverlust. Behr: "Auch wenn einem bei seiner Spielweise immer wieder fast das Herz stehen bleibt, würden wir in gerne behalten. Als Manndecker können wir ihn mit Sascha Leitz vermutlich kompensieren, aber James hat auch elf Treffer erzielt." Grünes Licht gibt es inzwischen für Nduka Anyanwu, ebenfalls Nigerianer: Er bekommt die unbefristete Aufenthaltsgenehmigung.

Slatnek ein leidiges Thema

Beim Thema Christian Slatnek gerät Weingartens Vorsitzender in Rage: "Wir müssen diesem Elefanten endlich klar machen, dass er seinen Arsch für den SVW bewegt. Muhammed Ok spielt genau das, was er kann. Aber bei Slatnek ist ein Gefälle drin von bis zu 70 Prozent, da kann man wahnsinnig werden. Wenn es einer nicht besser kann, würde ich nichts sagen, aber er macht einfach zu wenig aus seinem Potenzial."

Wirtschaftlich will Behr "das ambitionierte Schiff SVW so steuern, um es durch profihafte Methoden zu vermarkten". Es wäre ihm zwar lieber, er könne sein Engagement etwas zu Gunsten der Familie zurückschrauben, betont er, aber zurzeit sei das leider nicht realisierbar. Über Geld spricht er ungern. "Ich versuche, so weit machbar die Lücken zu schließen, aber wenn die Wirtschaft am Boden liegt, geht es allen schlecht." Er hoffe, dass die zugesagten Gelder kommen. "Falls nicht, haben wir ein Problem", gibt der Vorsitzende zu.

Über den Vergleich mit der früheren SV Edenkoben, die an die zweite Liga anklopfte, reagiert Behr ungehalten: "Das ist Geschwätz. Weingarten ist mit Edenkoben nicht zu vergleichen. Edenkoben war von Anfang an eine One-Man-Show - das sind wir nicht." Die Gewähr, dass es ewig so weitergehe in Weingarten, könne er freilich nicht geben: "Wenn sich die gesamtwirtschaftliche Lage weiter verschlechtert, schlägt das auch auf uns zurück. Das ist ein schwieriges Thema." Positiv stimmt Behr, der mittelfristig aufsteigen will, dass in der Regionalliga "die Etats künftig kräftig reduziert werden müssen und es für uns dann vielleicht machbar wird".

RON - RHEINPFALZ ONLINE, Samstag, 7. Jun , 03:45 Uhr