TuS-Vorsitzender Gauggel: Nach dem
glücklichen Saisonende
kämpft der Oberligist mit
Nachwehen
Sportlich hat Fußball-Oberligist
TuS Koblenz die erste Saison nach dem
Insolvenzantragsverfahren schadlos
überstanden. "Wir sind aber noch
nicht über den Berg",
erklärt der Vorsitzende Bruno
Gauggel bei seiner Rückschau auf
die zurückliegenden
Monate.
KOBLENZ. Wie er so da sitzt hinter seinem mit
Akten vollgepackten Schreibtisch im dritten
Stock des
Bürogebäudes an
der Kreuzung von Clemens-, Gymnasial- und
Casinostraße und den Blick durchs
Fenster in Richtung Wöllershof
streifen lässt, da kommen Bruno
Gauggel gleich mehrfach die Worte "Gott sei
Dank" über die Lippen. "Gott sei
Dank", sagt der Vorsitzende des
Fußball-Oberligisten TuS Koblenz,
"haben wir Milan Sasic gefunden", "... haben er
und Peter Simon eine Mannschaft zusammenstellen
können", "... hatten wir keinen
Fehleinkauf", "... haben die Jugendlichen
überraschend gut eingeschlagen".
Gott sei Dank, sagt Gauggel also, "hat es
sportlich mit dem Klassenverbleib
geklappt."
Für Luftsprünge
jedoch, daran lässt der TuS-Chef
im gleichen Atemzug keine Zweifel, besteht
nicht die geringste Veranlassung.
Dafür hat nicht zuletzt die
zurückliegende Woche viel zu
schlecht für die TuS begonnen.
Vom Arbeitsgericht Koblenz hat Gauggel die
schriftlichen Urteile gleich mehrerer Verfahren
zugestellt bekommen, in denen
Gehaltsempfänger des
letztjährigen Kaders - nach
Informationen der Rhein-Zeitung mindestens
sechs Personen - ausstehende Zahlungen
eingeklagt haben. Erfolgreich. Das Gericht sei,
ließ einer der
Klageführenden die RZ wissen,
der Argumentation gefolgt, dass es bei der
Abwicklung des Insolvenzantragsverfahrens -
anders als vor einem Jahr
öffentlich
verkündet - "keine juristisch
haltbare Verzichtserklärung" der
gesamten Mannschaft gegeben habe.
Zur Erinnerung: Sowohl Gauggel wie auch der
vorläufige Insolvenzverwalter
hatten seinerzeit stets davon gesprochen, "dass
die Spieler der ersten Mannschaft
erklärt hätten,
freiwillig - d.h. notfalls auch ohne weitere
Gehaltszahlungen - weiterspielen zu wollen" (RZ
vom 26. April 2002). Jetzt sieht sich
Rechtsanwalt Gauggel vor Gericht mit Spielern
konfrontiert, "mit denen sich der Verein nicht
geeinigt hat, oder die ihre Zusage, sich zu
einigen, nicht eingehalten haben", und
kündigt dementsprechend
Berufungsanträge an. Immerhin
geht es in Einzelfällen um
Bezüge für drei
bis sechs Monate.
Nicht unerheblicher Verlust
Aber auch ohne diese Nach wehen
wäre TuS Koblenz "noch nicht
über den Berg", wie Gauggel
anmerkt. Nicht allein, dass der Verein noch
Altforderungen der Berufsgenossenschaft zu
begleichen hat. In der Saison 2002/2003 sei
zudem "ein nicht unerheblicher operativer
Verlust eingefahren" worden. Die
Höhe nennt Gauggel nicht, sie soll
sich jedoch in der Nähe zum
sechsstelligen Euro-Bereich befinden. Wie das?
"Wir konnten es uns im vergangenen Jahr einfach
nicht leisten, auch teurere Spieler abzuweisen
- weil wir sonst in der Kürze
der Zeit gar keine Mannschaft zusammenbekommen
hätten", erklärt
der Vorsitzende. Vor einem Jahr habe der Verein
bis kurz vor der Saison "weder Spieler noch
Sponsoren", geschweige denn einen Haushalt
gehabt und ergo auf viele Fragen
zunächst einmal passen
müssen. Die Folge: Der Klub
lebte von der Hand in den Mund, kratzte die
erforderlichen Euro nicht selten von einem
Monat auf den nächsten zusammen.
Und so hat Gauggel gerade erst bei einem
Sponsorentreffen mit den vorhandenen Partnern
zu erörtern versucht, wie die
Finanzlücke
nachträglich zu
schließen ist.
Auf derartige Art und Weise will der
Vorsitzende den Oberligisten aber nicht noch
einmal am Leben erhalten. "Der Etat
für die nächste
Saison steht und ist gedeckt", sagt Gauggel,
allerdings sei das Budget bei den Aufwendungen
für die erste Mannschaft mit
"radikalen Kürzungen" verbunden.
Einsparungen von rund 30 Prozent
gegenüber der Vorsaison stehen
im Raum, was bei Trainer Milan Sasic und
Sportwart Peter Simon nicht gerade
für Verzückung
gesorgt haben soll, wie der Klubchef
einräumt. Gleichwohl
bemühe man sich um weitere
Verstärkungen, allerdings sei
klar, "dass der vorgegebene Rahmen auf Biegen
und Brechen eingehalten werden muss." Da trifft
es sich gut, dass die Löhr-Gruppe
(Gauggel: "Ein der TuS wohlgesonnener und
seriöser Partner") sich bereits
als neuer Trikotsponsor angeboten hat - mit der
Option zurückzustehen, sollte
sich ein anderes Unternehmen spendabler
zeigen.
Von dem seit Jahr und Tag und auch von Gauggel
formulierten Anspruch, eine
Führungsrolle unter der
kickenden Zunft besetzen zu wollen, ist die TuS
zwölf Monate nach der leidigen
Eupol-Affäre jedoch weit
entfernt. Noch immer wirkt nach dem Ausverkauf
an einen Polen namens Antoni Ptak ein
kommissarisch ergänzter
Rumpf-Vorstand; noch immer hat sich kein
Schatzmeister gefunden; noch immer schwirrt ein
"Wirtschaftsbeirat" nur in den
Köpfen, obgleich die
Führungsriege schon seit der
Mitgliederversammlung im Januar 2002 den
Auftrag hat, ein solches Gremium zu
installieren; noch immer werde die TuS als
Retortenverein wahrgenommen, der in keinem
Stadtteil so recht verhaftet sei, glaubt der
Vorsitzende erkannt zu haben.
"Wir müssen die TuS auf eine
breitere Basis stellen - bei der
Vorstandsarbeit und bei der Mitgliederzahl",
sagt Bruno Gauggel beim Blick
über die Dächer
von Koblenz. "Und ich wünsche
mir, dass uns die Zuschauer in Zukunft noch
mehr unterstützen und dass zum
anderen die Geschäftswelt
erkennt, dass zu einem Standort Koblenz auch
eine konkurrenzfähige
Fußballmannschaft
gehört, mit der sich die Region
identifizieren kann."
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