Nibelungen Kurier | Jugendarbeit im Fokus

24.06.2023

Noch nie war die Jugendarbeit bei der Wormatia so im Fokus wie zurzeit. Nach dem Abstieg aus der Regionalliga und dem notwendigen Neuaufbau in der Oberliga rückt der eigene Nachwuchs in den Vordergrund. Nicht nur auf Grund klammer Finanzen, sondern auch weil Trainer Peter Tretter gerne mit jungen Spielern aus den eigenen Reihen und aus der Umgebung arbeiten möchte. Was bedeutet es an Arbeit, drei Teams in der Jugend-Regionalliga zu besitzen? Wie ist der Unterbau bei der Wormatia strukturiert? Um dies einmal zu verdeutlichen, suchte die NK-Sportredaktion das Gespräch mit dem Jugendvorstand Andreas Hahn.

NK: Hallo Andreas, wie waren deine Anfänge als Jugendvorstand?

Andreas Hahn: Ich bin im Jahr 2002 über Fritz Bergemann-Gorski, dem damaligen 1. Vorsitzenden, in den Geschäftsführenden Vorstand gekommen. Nach vier Jahren war dann der Zeitpunkt gekommen, aus verschiedenen Gründen, aus dem Vorstand auszuscheiden. Auf Initiative von Jürgen von Massow, damals Vorstandsmitglied, habe ich dann das Amt des Jugendleiters, heute Jugendvorstand, übernommen. Ich bin damit seinerzeit Nachfolger von Bernd Gänshirt geworden, der im Jahr 2002 den Neuaufbau der Jugendabteilung vorangetrieben hat. Mit vielen Weggefährten zusammen ist es uns dann im Laufe der Jahre gelungen, eine starke und gut strukturierte Jugendarbeit zu entwickeln. Es sind aber einige schon sehr lange dabei, wie zum Beispiel Horst Schneider und Michael Hoch, auf die ich mich sehr, sehr gut verlassen kann und mich stets unterstützen.

NK: Wie sieht deine Arbeit heute aus?

Andreas Hahn: Ich bin so etwas wie das Bindeglied zwischen der Jugendabteilung und dem Geschäftsführenden Vorstand, mit dem wir sehr gut zusammen arbeiten. Meine Aufgaben sind administrativer und organisatorischer Natur und beinhalten u.a. Verbandsarbeiten, Spielpläne und Platzbelegungspläne erstellen, Passanträge (Neuzugänge/Abgänge bearbeiten) und natürlich auch Treffen von Personalentscheidungen sowie das Entwickeln von konzeptionellen Strategien. Große Unterstützung und unersetzbar sind unsere beiden sportliche Leiter: Norbert Voll, für den Leistungsbereich von U19 bis U14 zuständig und Volker Berg, der sich um den Grundlagenbereich (U13 bis U9) kümmert. Diese beiden entlasten mich enorm und sind bei uns für die sportlichen Belange zuständig.

NK: Wie sind die Strukturen beim VFR in der Jugendarbeit?

Andreas Hahn: Wie schon kurz angedeutet haben wir haben die zwei sportlichen Leiter, die ich gerade genannt habe. Wir haben einen Jugendausschuss, der inzwischen aus zehn Personen besteht. Wir haben da eine genaue Aufgabenteilung, wer für was zuständig ist. Das funktioniert sehr gut und hat sich in den letzten Jahren auch im Endeffekt sehr gut eingespielt. Ganz wichtig und nicht zu vergessen natürlich die Jugendtrainer und Betreuer. Wir haben inzwischen an die 30 Stück, die sich um die verschiedenen Mannschaften, der Jahrgänge kümmern. Sehr aktiv und mit großer Leidenschaft und ja, ohne unsere Trainer und Betreuer wäre natürlich so eine durchorganisierte und qualitativ hochwertige Jugendarbeit auch nicht möglich.

NK: Was hat sich in den letzten 17 Jahren in Bezug mit den Jugendlichen geändert? Viele kommen doch bestimmt schon mit irgendwelchen Beratern zu den Gesprächen?

Andreas Hahn: Berater sind eher selten mit im Boot. Wenn Spieler aus den U17 und U19 aus den Nachwuchsleistungszentren zu uns kommen, können in seltenen Fällen Berater dabei sein. In der Regel ist es aber so, wenn wir neue Spieler verpflichten, dann wird mit den Eltern bzw. natürlich direkt mit den Spielern gesprochen.

NK: Gibt es noch Jugendliche, die von den kleinsten Jahrgängen bis hin zur A-Jugend bei der Wormatia spielen? Regionalliga in der Jugend ist ja schon eine Herausforderung.

Andreas Hahn: Es gibt Jugendliche, die sehr, sehr lange bei uns spielen und die bis zur A-Jugend auch geblieben sind. Wir hatten jetzt im Winter den Sinan Schuchmann verabschiedet, der seit den Bambini bei uns gespielt hat, der dann aus der U19 heraus in die Aktivität nach Fehlheim gewechselt ist. Jetzt aktuell haben wir einen Lukas Scholl, der seit der E- Junioren bei uns ist und uns am Saisonende in die Aktivität zum FV Hofheim wechselt. Wir haben jetzt aktuell aus unserer U15 die Ammon Zwillinge, die auch seit den Bambini bei uns spielen und jetzt zum Karlsruher SC in das dortige NLZ wechseln werden. Es gibt immer wieder Spieler, die es bei uns bis zur A-Junioren Regionalliga schaffen. Man spricht ja bei der A- und B-Jugend Regionalliga, von der zweithöchsten Spielklasse. Darüber kommt bekanntlich nur die Bundesliga. Bei den C-Junioren ist es sogar so, dass es die höchstmögliche Spielklasse ist. Und wir sind natürlich glücklich darüber, dass wir in allen drei Spielklassen in den jeweiligen Regionalligen präsent sind und da mit unseren Trainern zusammen in der Regel sehr, sehr gute Arbeit durchführen.

NK: Wie stellt ihr den Kontakt zu den Jugendlichen her. Habt ihr ein Scouting System oder kommen die Jungs aus den U15 bis zur U19 freiwillig auf euch zu?

Andreas Hahn: Das ist eine Mischung. Gerade in den letzten Wochen hatten wir eine große Anzahl von Spielern, die sich selbst anbieten und demnach gerne zu uns wechseln wollen. Das schauen wir uns natürlich in den Trainings genau an und am Ende entscheidet der jeweilige Trainer und unsere sportlichen Leiter über die Qualität, die wir uns vorstellen. Auch über Scouting System verfügen wir. Norbert Voll hat eine Datenbank aufgebaut, in der eine große Anzahl von Talenten aus der Region verschiedener Jahrgänge erfasst ist. Natürlich haben wir zudem den ein oder anderen Trainer oder auch Scout, die in der Umgebung präsent sind und nach Talenten Ausschau halten.

NK: Genau die gleiche Frage, bei der Trainersuche.

Andreas Hahn: Trainersuche, auch ein sehr komplexes und schwieriges Thema. Hier haben wir jetzt festgestellt, dass es immer schwerer wird, in unserer Region gute und vor allem lizenzierte Trainer zu bekommen, die zu uns passen. Wir haben jetzt zum Glück im Hinblick auf die neue Saison so gut wie alle Trainerpositionen besetzt. Aber auch hier muss man sehen, dass gerade bei der U19- und U17-Regionalliga die A-Lizenz oder die B plus Lizenz erforderlich ist, um eine der genannten Mannschaften trainieren zu dürfen. Unser U19 Trainer, John Antuna, kommt aus Böhl-Iggelheim und unser 17 Trainer Cagakan Kiran, der gerade mit einer tollen Rückrunde, den Klassenerhalt geschafft hat, kommt aus Weiterstadt bei Darmstadt. Genauso schwer ist es bei den bei den unteren Mannschaften, bei den kleineren Teams. Da sind wir immer froh, wenn es dann doch Väter gibt, die zum Beispiel eine U9 oder U10 betreuen wollen. ?Aber wir haben dann auch Glück bei der U 12 und U13, mit Jannik Schwarz und Lukas Scholl, zwei junge ambitionierte Trainer, die sich da enorm engagieren und wirklich eine sehr gute Arbeit bei uns abliefern.

NK: Du hast einmal angedeutet, dass der Austausch mit einem Cheftrainer der ersten Mannschaft, seit Peter Tretter beim VFR ist, so gut wie noch nie war. Hatten seine Vorgänger kein Interesse daran?

Andreas Hahn: Aus meiner Sicht ist die Kommunikation mit Peter Tretter richtig gut. Er ist bei U21- und U19-Spielen sehr präsent und steht in ständigem Kontakt zu den jeweiligen Trainerkollegen. Er hat sich auch in den letzten Monaten, trotz der schwierigen Lage der ersten Mannschaft, ein einheitliches und genaues Bild der Mannschaften und der Spieler machen können. Ich denke schon, dass seine Vorgänger Interesse an unserer Nachwuchsarbeit hatten, aber vielleicht hat es für den ein oder anderen jungen Spieler einfach nicht gereicht, oben bei der Ersten anzuklopfen. Allerdings muß man auch sagen, dass wir auch schon zu Zeiten von Kristijan Glibo zum Beispiel den Simon Joachims und den Aron Asamoah in die erste Mannschaft integrieren konnten. Beide waren ja immerhin Stammspieler und haben einen großen Anteil am letztjährigen Aufstieg.

NK: Hattest du keinen Einfluss darauf, dass Jugendliche in die aktiven Teams integriert werden? Du hättest doch bestimmte einige empfehlen können.

Andreas Hahn: Also die Integration der U19 Spieler in die U21 hat in den letzten Jahren sehr gut funktioniert. Manche möchten allerdings lieber einen anderen Weg gehen und schließen sich dann ambitionierten Ober- oder Verbandsligisten an, was durchaus legitim ist.

Aktuell können wir stolz darauf sein, dass vier U19-Spieler Verträge für unsere erste Mannschaft bekommen haben. Weitere Jungs können sich über unserer U21 empfehlen und dort im Herrenbereich Spielpraxis sammeln. Den Jungs muss man aber die Zeit geben, sich im Herrenfußball zu akklimatisieren.

NK: Nehmen wir einmal das Beispiel Vincent Haber. Es ist noch als A-Jugendlicher zur TSG gewechselt. Jetzt kommt er zurück. Hätte er sich nicht auch bei der Wormatia weiter entwickeln können?

Andreas Hahn: Er hatte sich damals dafür entschieden, zur TSG in die Oberliga zu wechseln. Wir hätten es uns anders gewünscht und hatten gehofft, dass er seinerzeit noch ein Jahr bei uns A-Jugend Regionalliga spielt. Offensichtlich hat es ihm aber sehr gut getan, diesen Weg eingeschlagen zu haben. Umso mehr freut es mich, dass er zu uns zurückkommt. Er war bei der TSG Stammspieler und hat sich dort als junger Spieler durchgesetzt. Ich glaube auch, dass er eine Verstärkung für unsere Erste sein wird. Damals war er noch nicht so weit, um sofort in unserer Oberliga Mannschaft aufzurücken.

NK: Wenn ein Spieler spürt, dass er eine Chance beim VFR bekommen würde, dann kann doch auch ein Weg über die U21 der Richtige sein. Wurden in der Vergangenheit keine Perspektiven aufgezeigt?

Andreas Hahn: Eigentlich wird fast jedem Spieler aus der U19 eine Perspektive Richtung U21 aufgezeigt. Wie schon gesagt, der eine geht den Weg, der andere wählt lieber einen Wechsel. Elias Holzemer oder auch Marco Bresser sind jetzt aktuelle Beispiele wie es funktionieren kann. Wir glauben der Weg über die U21 kann ein guter Zwischenschritt sein, um im Herrenfußball anzukommen. Es ist doch noch einmal ein Unterschied zwischen U19 Regionalliga und der Oberliga oder auch Regionalliga bei den Aktiven.

NK: Was muss sich ändern, das in den kommenden Jahren vermehrt Jugendliche in den Aktivenbereich bei der Wormatia wechseln?

Andreas Hahn: Aktuell hat sich ja Einiges geändert. Wie unser Sportvorstand schon angekündigt hat, sollen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, bevorzugt aufgenommen werden und ihre Chance bekommen. Noch einmal, aktuell sind es vier Spieler, die einen Vertrag für die Oberliga unterschrieben haben. Wenn das die Quote sein wird, jedes Jahr, drei bis vier Spieler in Richtung 1. Mannschaft zu bekommen, bin ich sehr zufrieden. Aktuell muss sich gar nicht mehr so viel verändern. Eine intensive Kommunikation ist momentan vorhanden, zwischen Cheftrainer und U19-Trainer.

Das Interview führte Marcus Diehl.