fussball.de | Ramzi Ferjani: Einst BVB-Talent, heute Worms

02.09.2022

Deutscher A- und B-Junioren-Meister, Nationalspieler und jetzt Leihspieler beim Traditionsklub VfR Wormatia Worms in der Regionalliga Südwest: Ramzi Ferjani hat während seiner noch jungen Laufbahn schon einiges erlebt. Nach der herausfordernden Corona-Zeit geht es für den 21-Jährigen beim Aufsteiger in Worms vor allem darum, wertvolle Wettkampfpraxis zu sammeln.

Schließlich absolvierte der Innenverteidiger, der seine Stärken vor allem im Kopfballspiel und beim Zweikampfverhalten sieht, in den zurückliegenden beiden Spielzeiten beim FC Nitra (Slowakei) und beim FC Erzgebirge Aue, bei dem er bis 2024 unter Vertrag steht, kaum ein Pflichtspiel. Während er in seiner Junioren-Zeit beim 1. FC Kaiserslautern und bei Borussia Dortmund eine feste Größe war und beim BVB - zeitweise sogar als Kapitän - sowohl mit der U 17 als auch mit der U 19 die Deutsche Meisterschaft gewann, gestaltete sich die Folgezeit und damit auch der Einstieg in den Herrenbereich wesentlich schwieriger.

TRAINING MIT HAALAND UND HUMMELS

Mit ein Grund für den Karriereknick war der Beginn der Corona-Pandemie, die Ferjani in seiner Karriereplanung deutlich zurückgeworfen hatte. "In meinem letzten Jahr bei den Junioren des BVB wollten die Verantwortlichen frühzeitig eine Entscheidung von mir, ob ich bleibe", erinnert sich Ramzi Ferjani im Gespräch mit FUSSBALL.DE . "Weil ich aber noch einige Angebote von anderen Vereinen hatte, ließ ich mir Zeit und wollte mir keinen Druck machen. Dann kam allerdings Corona dazwischen und die Vereine hatten andere Sorgen, als einen 18-Jährigen zu verpflichten."

Die Konsequenz: Der talentierte Nachwuchsspieler stand plötzlich ohne Verein da und musste sich auf die Suche begeben. Erst nach rund einem halben Jahr, ohne so richtig gegen den Ball getreten zu haben, bot sich dem Defensivspieler die Chance, im Ausland wieder Fuß zu fassen. Beim slowakischen Klub FC Nitra hatten deutsche Investoren Anteile übernommen und mehrere deutsche Spieler verpflichtet, unter anderem auch das einst hochgehandelte Talent Sinan Kurt (früher unter anderem Hertha BSC, FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach). Weil jedoch nur wenig später finanzielle Probleme öffentlich wurden, war das Kapitel beim FC Nitra fast noch schneller beendet, als es begonnen hatte.

Obwohl Ferjani in der Slowakei ohne Pflichtspieleinsatz geblieben war, durfte sich der Sohn eines tunesischen Vaters und einer deutschen Mutter dennoch beim Afrika-Cup der U 20- Junioren beweisen. Nachdem er zuvor noch für die U 17- und U 18-Nationalmannschaft des DFB am Ball war, entschied er sich für einen Verbandswechsel und zog im Anschluss mit der tunesischen Auswahl bis in das Halbfinale des kontinentalen Wettbewerbs in Mauretanien ein. Erst gegen die Auswahl von Uganda (1:4) endete der ganz große Traum vom Titel.

"Für mich war es ein ganz besonderes Turnier", sagt Ramzi Ferjani. "Ich steckte in der vielleicht schwierigsten Situation meiner bisherigen Laufbahn. Ich war froh, überhaupt wieder spielen zu können. Umso schöner war es, dann auch noch erfolgreich zu sein."

Nur wenige Monate zuvor hatte der Nachwuchsspieler beim BVB noch gemeinsam mit Weltstars wie Erling Haaland oder Marco Reus auf dem Platz gestanden. In guter Erinnerung bleibt aber vor allem ein anderes Vorbild: Mats Hummels.

"Ich durfte zum ersten Mal mit 17 Jahren bei den Dortmunder Profis mittrainieren", so Ferjani. "Anfänglich war ich voller Ehrfurcht. Mit der Zeit habe ich dann aber schnell realisiert, dass es auch nur Menschen sind und man mit ihnen ganz normal auf dem Platz seine Späße machen kann. Aber vor allem Mats Hummels hat mich mit seiner Art beeindruckt. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir auf der gleichen Position spielen. Während der Trainingseinheiten und auch danach hat er mir immer wieder Tipps gegeben, was ich in meinem Spiel verbessern kann. Auch generell stand er für die jungen Spieler immer zur Verfügung", schwärmt der junge Innenverteidiger.

SPIELPRAXIS IN WORMS

Im Frühling 2021 kehrte Ramzi Ferjani nach dem gescheiterten Projekt in der Slowakei nach Deutschland zurück, wollte beim FC Erzgebirge Aue in der 2. Bundesliga den Durchbruch schaffen. Dass es dazu nicht kam, lag auch an einer Knieverletzung, die eine Operation erforderlich machte und ihn über weite Strecken der Saison auf Eis legte. Die logische Konsequenz: In dieser Saison wurde der talentierte Abwehrspieler an den VfR Wormatia Worms ausgeliehen. Das oberste Ziel ist, wieder Spielpraxis zu sammeln.

In der Nibelungenstadt gefällt es Ferjani ausgezeichnet. "Der komplette Verein hat mich hervorragend aufgenommen", gerät der Verteidiger ins Schwärmen, wenn er über seinen neuen Arbeitgeber spricht. "Sowohl meine Mitspieler als auch die Vereinsverantwortlichen haben sich super um mich gekümmert. Ich kann mich jetzt darauf konzentrieren, worauf es wirklich ankommt: Fußball zu spielen."

Dass die Entscheidung letztlich auf Worms gefallen ist, liegt auch daran, dass der Abwehrspieler mit der Trikotnummer "24" dadurch auch wieder näher an seiner Heimat Sensweiler ist. Knapp 120 Kilometer trennen ihn von seinem Geburtsort im Landkreis Birkenfeld in Rheinland-Pfalz. Ausschlaggebend für den Wechsel waren jedoch das familiäre Umfeld des Klubs und die Möglichkeit, nahezu jedes Spiel bestreiten zu können. Nur wenige Tage nach seiner Verpflichtung war Ferjani denn auch im Spiel beim Tabellenführer und Titelfavoriten SSV Ulm 1846 Fußball (2:2) bereits über 90 Minuten für die Wormatia am Ball.