| SVW-Coach Peter Rubeck fordert im Interview ein Mehr an Flexibilität und wünscht sich vom Christkind
15.12.2003
"Taktisch ist längst noch nicht alles ausgereizt"
Spieler, Trainer und Verantwortliche des
„Herbstmeisters“ SV
Weingarten sind in der Fußball-Oberliga
Südwest schnell von der Realität
eingeholt worden und mussten erkennen, wie wenig wert der
inoffizielle Titel doch besitzt. Kapitän Sahin
Pita und Gefolgsleute haben hernach per 1:1 gegen Bingen, 2:2
in Saarbrücken und 0:1 gegen Homburg Federn
gelassen, so dass es beim Weihnachtstreff am Freitagabend
„nur“ noch Platz zwei mit
fünf Zählern
Rückstand auf TuS Koblenz zu feiern galt. Die
Betonung liegt aber auf
„feiern“, denn nicht
zuletzt ist der Wunschtraum Regionalliga weiter in greifbarer
Nähe, wie denn auch Peter Rubeck, der
43-jährige SVW-Trainer aus Gersheim, im
Interview mit den Gesetzen der Drei-Punkte-Regel
begründet.
Herr Rubeck, sind Sie froh, dass jetzt Winterpause ist
– zumal sich die derzeit kursierenden
Gerüchte über
verspätete Spielergehälter (siehe
auch Bericht der
„Rheinpfalz“ unter
„News“) negativ auf den
einen oder anderen Spieler auswirken könnten?
Rubeck: Zunächst einmal muss ich zu den
Gerüchten ganz klar sagen, dass ich jetzt seit
einem Jahr hier in Weingarten bin und in dieser Zeit immer fair
behandelt wurde. Mir gegenüber wurden alle
Zusagen des Vereins auch eingehalten, so dass ich nicht
verstehen kann, wie die derzeitige Diskussion
über verspätete
Spielergehälter überhaupt
entstehen konnte. Ich habe vollstes Vertrauen. Ich habe
niemanden zum Training auffordern müssen. Die
Spieler haben ganz normal trainiert. Den Wirbel kann ich nicht
verstehen. Grundsätzlich bin ich
natürlich froh, dass jetzt Winterpause ist. Wir
haben schon vier Rückrundenspiele gemacht,
insgesamt 21 Spiele in den Knochen. Selbst die Bundesliga hat
nicht so viel. Einige Spieler haben viel Einsatzzeit gehabt und
sind angeschlagen, deshalb ist die Winterpause bitter
nötig. Jetzt können sie regenerieren,
um im Endeffekt nach der Pause wieder mit vollem Elan
ranzugehen.
Wie fällt Ihre Zwischenbilanz kurz vor
Weihnachten aus?
Rubeck: Mit der Leistung der Mannschaft bin ich ganz zufrieden.
Auch wie sie mitarbeitet ist völlig okay. Wenn mir
vor der Saison einer gesagt hätte, wie viele
Punkte wir zu diesem Zeitpunkt haben, hätte ich
gesagt, wir sind Tabellenführer. Wir sind aber
nur Zweiter, deshalb bin ich nicht ganz zufrieden. Es gibt eine
Mannschaft, die besser ist. Doch bei der Drei-Punkte-Regel sind
fünf Punkte Rückstand nichts. Die
Serie des TuS Koblenz (12 Spiele ungeschlagen, dabei 8 Siege,
Anm. der Red.) ist schon beeindruckend. Aber es sind noch 13
Spiele in der Rückrunde. Man muss einfach
abwarten, wie Koblenz aus der Winterpause rauskommt. Jetzt sind
sie die Gejagten. Und wir müssen schauen, dass
wir eine eventuelle Schwächephase des TuS dann
auch ausnutzen und zusehen, dass wir im direkten Vergleich
bestehen können. Aber da mache ich mir weniger
Gedanken …
Welcher Ihrer Spieler ist im Plansoll, welcher muss
künftig noch nachlegen?
Rubeck: Wie gesagt im Großen und Ganzen bin ich
mit der ganzen Mannschaft zufrieden. Die jungen Spieler wie
Bohl, Unruh oder Paulus haben sich gut weiterentwickelt
– auch Soroberto, der den Unterschied
zwischen Verbandsliga und Oberliga bemerkt hat. Mit den Jungen
bin ich wirklich zufrieden. Den Youngstern fehlt halt noch die
Cleverness. Sonst kann sich der eine oder andere noch steigern.
Bei Bigvava gehe ich davon aus, dass er in der weiteren
Rückrunde zulegen und seine Tore erzielen wird.
Er, Protzel, Bauer und Backmann können aber mehr.
Backmann beispielsweise muss den Schwung seiner ersten sechs
Partien für den SVW wieder finden. Zoll und
Becker waren beide gut, auch Kellner, der ohne
große Verletzung durchkam, beurteile ich positiv.
Slatnek, der den einen oder anderen Durchhänger
hatte, ist gereift, und über Conrad brauche ich
eigentlich nichts zu sagen. Gauch hat seine Tore gemacht, aber
auch bei ihm hat man gemerkt, wenn er nicht richtig fit ist,
gibt es gleich Probleme. In 21 Spielen haben wir nur 14 Tore
bekommen. Da kann man nix sagen. Dass Koblenz nur acht bekommen
hat, ist deshalb schon phänomenal.
Aber allgemein ist die Entwicklung des Vereins okay. Vor einem
Jahr, als ich hierher kam, standen wir auf Platz 13, 14. Diese
Saison standen wir über Wochen ganz vorne. Klar,
wir haben Spieler hinzubekommen. Aber trotzdem kommt das nicht
von ungefähr. Bei uns wird gut gearbeitet. In
der umgekrempelten 1b-Mannschaft spielen bis auf zwei, drei nur
noch Junge. Auch die A- und die B-Jugend sind jeweils
Tabellenführer. Wir haben eine U 24 geschaffen,
die einmal pro Woche trainiert. Und selbst der B-Jugend-Torwart
trainiert manchmal bei der
„Ersten“ mit. Das ist so
vorgegeben, das hat System.
Dann wird man auch bald ein großes Talent wie den
A-Junior Al-Mouctar in der
„Ersten“ sehen?
Rubeck: Da gibt es das Problem, dass auf dem Spielberichtsbogen
zwar vier U 24- und ein U 21-Spieler stehen
müssen, er aber kein U-Spieler ist. Gleiches
gilt ja auch für Ok. Sie sind zwar im richtigen
Alter, aber keine Deutsche. So müsste Al-Mouctar
beispielsweise Spieler wie Gauch oder Bigvava ausstechen und
das ist natürlich schwer.
Bleiben wir im Sturm. Da soll ja noch ein
„Kracher“ geholt werden.
Ist das aber nicht unfair gegenüber Gauch und
Bigvava, die im Vollbesitz ihrer Kräfte
zweifellos ein schlagkräftiges Duo bilden, und
geschieht dies auf Ihr Anraten hin?
Rubeck: Zunächst ist es so, dass ich mich mit
dem Vorstand und dem Spielleiter immer abspreche. Wir sondieren
in der Tat den Markt, das eine oder andere
Gespräch wurde auch schon
geführt. Wenn ein Spieler aber dazukommt, dann
muss er uns weiterbringen. Ob ein Spieler dann sauer ist oder
nicht – darauf kann ich in der
„Leistungsgesellschaft
Oberliga“ keine Rücksicht
nehmen. Außerdem kann ich auch mit drei Spitzen
spielen lassen. Beim 2:0 in Mayen haben wir einen
großen Schritt nach vorne gemacht, weil wir
erstmals mit einer „echten
Viererkette“ gespielt haben. Am Anfang
4-3-2-1, dann 4-4-2. Das war anders als in den meisten Spielen
davor, als wir 3-5-2 spielten. Hierbei waren mir aber oft die
Hände gebunden und der Gegner konnte sich gut
auf uns einstellen. Wenn nun ein Spieler dazukommt,
können wir uns taktisch nochmals weiterentwickeln.
Da ist noch längst nicht alles ausgereizt.
Taktik – Sie geben das Stichwort: Was
überlegen Sie sich für
Veränderungen während des
Vorbereitungstrainings im neuen Jahr?
Rubeck: Als ich nach Weingarten gekommen bin, haben wir ganz
einfach Fußball gespielt, mit Libero. Wir haben
uns dann weiterentwickelt und mit Dreierkette gespielt. Ein
weiterer Schritt war, dass Becker bei zwei Offensiven im
Mittelfeld teilweise vor der Abwehr gespielt hat. Wir wollen
aber noch flexibler werden und dafür
müssen wir in der Winterpause etwas tun. Das
System mit dem
„Verschieben“ soll
weiterhin gelten, aber eben mal mit Dreier- oder Viererkette,
mit zwei oder drei Spitzen, mit zwei Defensiven oder einem
Defensiven im Mittelfeld. Als Trainer sehe ich es als meine
Pflicht an, einzelne Spieler und die ganze Mannschaft
weiterzubringen. Es macht mir ja auch Spaß, wenn
ich den Jungs etwas beibringen kann.
Wenn man Sie an der Seitenauslinie so sieht,
könnte man manchmal meinen, Sie
hätten wenig Spaß an ihrem Job. Im
Klartext: Können Sie auch loben?
Rubeck: Man muss mich nehmen, wie ich bin. Ich habe mich
gegenüber früheren Zeiten aber
schon geändert. Früher habe ich
mich auch oft mit dem Schiedsrichter angelegt
… Ich bin eben voll dabei, bin sehr
verbissen und erfolgsorientiert. Dass das bei manchen Leuten
anders rüberkommt, weiß ich. Wer
mich aber kennt, weiß, wie es gemeint ist. Meine
Mannschaft weiß mittlerweile, wie sie mich zu
nehmen hat. Und wenn es angebracht ist, kann ich auch loben.
Aber ich bin einer, der viel fordert. Ich erwarte Disziplin und
habe eine klare Vorstellung dabei – das kann
ich nicht von der Hand weisen. Aber auch ich kann mal ein Bier
trinken und scheiß machen. Haben wir dann wieder
den Druck des Gewinnen-Müssens, muss ich wieder
hart sein.
Mit Ihrer Härte – unter
anderem – haben Sie in 40 Spielen als
SVW-Trainer 81 Zähler geholt, rund zwei Punkte
im Schnitt. Trotzdem wurde in der Presse schon die Trainerfrage
gestellt. Was sagen Sie dazu?
Rubeck: Daran verschwende ich keinen Gedanken. Ich
weiß, was ich geleistet habe. Ich habe einen
Vertrag bis 2005. Vom Aufstieg kann man nicht ausgehen, wir
müssen einfach zweigleisig planen. Und wenn es
diese Saison am Schluss nicht reicht, werden wir
nächstes Spieljahr schaffen, was wir jetzt schon
schaffen wollen.
Zum Schluss: Was soll Ihnen das sportliche Christkind
demnächst unter den Baum legen?
Rubeck: Das Christkind könnte vielleicht
dafür sorgen, dass die Mannschaft in Zukunft
genau so mitzieht wie bisher. Zu wünschen ist
auch, dass sich der Verein und das Umfeld so gut
weiterentwickeln wie bis jetzt. Und dann soll das Christkind
noch dafür sorgen, dass der TuS Koblenz nach der
Winterpause so eine Schwächephase durchmacht wie
wir zwischendurch.