FuPa.net | Plötzlich eine Baustelle im Tor

11.07.2020

Der Abgang von Niklas Reichel sorgt bei Wormatia für reichlich Unmut

Worms. Wer sich im Fußball über Jahre als Trainer oder Sportlicher Leiter bemüht, einen optimalen Kader für die neue Saison zusammenstellen, der kennt seine Pappenheimer. Ein Haken darf erst gesetzt werden, wenn die Tinte unterm Vertrag trocken ist. Und gerade an der Schwelle zum (Halb-)Profitum ist die Kiste da aktuell für Wormatia Worms doch problematisch. Jüngstes Beispiel: Niklas Reichel. Zwar hatte der Torwart zwischenzeitlich schon mal signalisiert, sich eine Zukunft beim VfR in der Fußball-Oberliga gut vorstellen zu können. Doch plötzlich ist der 24-Jährige weg – zu Bayern Alzenau. 

Mit ihrem Ärger über den Abgang halten die Wormaten nicht hinterm Berg. Zwar hatte Norbert Hess in Erinnerung an die vergangenen Jahre schon mal angemerkt, der Keeper sei einer, der bis zuletzt pokere. Dennoch: „Laut Niklas war Wormatia sein erster Ansprechpartner. Wir hätten deshalb erwartet, dass er nach unserem Vertragsangebot auch in weitere vertragliche Gespräche mit uns einsteigt – oder frühzeitig mit offenen Karten spielt“, bemerkt der Sportliche Leiter des VfR, der mutmaßt, dass es einzig die Finanzen sind, die Reichel nach Alzenau lockten. Im Vergleich mit Wormatia sei bei beiden Klubs die Spielklasse sonst doch egal: „Bei uns hätte er mehr Zuschauer gehabt.“

Frust auch bei Kristjan Glibo, hatte sich der Wormatia-Trainer doch sehr um den lange an einer Schulterverletzung laborierenden Reichel bemüht. „Ich habe ihn an meinen Freund Thorsten Ammann vermittelt, einen ausgewiesenen Spezialisten, der schon die gleiche Verletzung bei Kevin Trapp behandelt hat und von Nationalmannschaften in Anspruch genommen wird“, erzählt der Coach, der damit die Hoffnung verband, eine Operation des Torhüters und so eine noch längere Ausfallzeit verhindern zu können. „Er hat dort tägliche Termine und eine erstklassige Behandlung bekommen“, streicht Glibo heraus und knüpft an: „Der Verein hat hier viel investiert.“

Die Entwicklung war vielversprechend, einzig der Ausbruch der Corona-Pandemie verhinderte ein Comeback von Reichel noch im Frühjahr. Und doch blieb mehr als nur ein Kontakt, schaute Reichel doch zuletzt auch noch zum Einzeltraining mit Torwarttrainer Christian Adam bei Wormatia vorbei. Die Erwartungshaltung bei Glibo: „So wie die letzten beiden Jahre für ihn liefen, hätte ich mir erhofft, dass er das Kapitel Wormatia nicht so unvollständig enden lassen möchte.“ Pustekuchen.

Zweites Talent aus dem Nachwuchs auf dem Zettel

Als Sportlicher Leiter räumt Norbert Hess jetzt ein: „Diese Baustelle haben wir gar nicht mehr auf dem Zettel gehabt.“ Der einzige Trost sei, dass ein Rückschlag in Sachen Schulter bei Reichel natürlich nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Demgegenüber haben die Wormaten jetzt aber, da auch Kevin Urban (zu Arminia Ludwigshafen) die Alzeyer Straße verlassen hat, erst mal mit Niklas Radmacher nur einen Keeper aus dem eigenen Nachwuchs im Team. „Da ist auch Leon Guth“, sieht Hess zwar ein zweites Torwarttalent im Verein, das für die U 21 eingeplant ist. Klar ist aber: „Wir brauchen jetzt eine klare Nummer eins. Oder zwei Torhüter, die um den Platz streiten.“ Hess ahnt: „Das wird wohl wieder eine Hängepartie.“ Er ist lange genug im Geschäft unterwegs.