Mannheimer Morgen | "Der VfR Wormatia Worms ist kein Dorfverein"

04.07.2002

FUSSBALL: Interview mit Dirk Anders, dem neuen Trainer des Oberligisten / "Charakterlich gute Mannschaft"

Als Spieler hatte er maßgeblichen Anteil an der enormen Leistungssteigerung des Fußball-Oberligisten VfR Wormatia Worms in der Rückrunde der abgelaufenen Saison. In der kommenden Spielzeit wird der Ex-Profi Dirk Anders (35) ebenfalls die sportlichen Geschicke des Traditionsvereins mitbestimmen. Dieses Mal allerdings in der verantwortungsvollen Funktion des Coaches. Der "Südhessen Morgen" sprach mit dem Trainer-Novizen, der unter anderem für den 1. FC Kaiserslautern und den VfR Mannheim die Fußballstiefel schnürte.

Herr Anders, fühlen Sie sich als Notnagel? Immerhin wollte die Wormatia den bisherigen Trainer Peter Rubeck weiter verpflichten.

DIRK ANDERS: Es ist mit Sicherheit richtig, dass ich das Angebot nur bekommen habe, weil Rubeck abgesagt hat. Aber ich sehe das als Chance, und freue mich darauf. Ich spiele seit 30 Jahren Fußball, das ist mein Leben. Für einen Notnagel halte ich mich für zu gut.

Erst vor wenigen Tagen wurde der Wormatia der Oberliga-Verbleib, bedingt durch die Fusion des VfR Mannheim und des SV Waldhof, zugesichert. Hat sich das negativ auf die Personalplanungen ausgewirkt?

ANDERS: Ich wollte die Leistungsträger halten, und das ist uns gelungen. Ich habe bisher 15 Mann, die eine gute Mischung darstellen. Trotzdem werden wir uns bemühen, noch zwei, drei Leute zu holen - allerdings ohne in Panik zu verfallen. Ich habe noch fünf Wochen Zeit bis zum Rundenbeginn. Notfalls können wir noch während der Saison reagieren.

Welche Schwerpunkte legen Sie bei der Auswahl ihrer Spieler?

ANDERS: Ich arbeite lieber mit jungen und hungrigen Spielern, als mit solchen, die nur die Runde herunterspielen. Ich habe erlebt, wie schnell in einer Mannschaft Theater sein kann, wenn einige nur auf sich schauen. Daraus habe ich meine Lehren gezogen.

Was sehen Sie als ihre primäre Aufgabe?

ANDERS: Ich will der Mannschaft ein Gesicht geben, und die Spieler weiter ausbilden. Jeder soll wissen, was er und die anderen können und was nicht, damit das Verständnis auf dem Platz vorhanden ist. Ich arbeite an einer Formation, die hinten sicher steht und nach vorne variabel agiert. Grundsätzlich sollen die Gegner sich nach uns richten. Das ist meine Philosophie.

An diesem Montag haben Sie erstmals zum Training gebeten. Wie sind Ihre ersten Eindrücke?

ANDERS: Die ersten Tage haben mir Freude bereitet. Das war schon sehr positiv. Von den Charakteren her haben wir eine gute Mannschaft.

Welche Ziele verfolgen Sie mit der Wormatia in der kommenden Saison?

ANDERS: Wir wollen nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Das, was wir in der letzten Vorrunde gespielt haben, hatte mit Fußball nicht viel zu tun. Erst in der Rückrunde hat die Mannschaft gezeigt, was in ihr steckt. Diesen Schwung und das Selbstvertrauen gilt es, in die kommende Runde mitzunehmen. Wenn wir eingespielt sind, wird es schwer werden, uns zu schlagen. Aber es ist auch klar, dass dies kein Selbstläufer wird. Das muss man sich erarbeiten.

Denken Sie, dass der VfR Perspektive hat?

ANDERS: Auf jeden Fall. Die Oberliga ist keine Wurstliga und die Wormatia kein Dorfverein. Die Strukturen sind im Entstehen, und die Fans sind auch toll. Selbst als wir schlecht gespielt haben, kamen noch bis zu 500 Zuschauer ins Stadion. Der Verein und die Stadt bieten Chancen. Langfristig ist die Regionalliga durchaus möglich, und ich möchte dazu etwas beitragen.

Wie stellen Sie sich ihre berufliche Zukunft vor?

ANDERS: Ich würde gerne hauptberuflich als Trainer arbeiten. Das wollte ich schon immer. Falls die Wormatia mal höherklassig spielen sollte, wäre es schön, wenn die Verantwortlichen sagten: "Wir können es uns mit dir vorstellen." Vielleicht kommt es ja so. elv