Die Rheinpfalz | Koblenz doch keine 5 Punkte vor Weingarten ?

05.05.2004

Hintergrundbericht

War die Aufregung für die Katz? Hat Hans-Bernd Hemmler, der Spielleiter der Fußball-Oberliga Südwest, vorschnell die Spruchkammer angerufen? Der TuS Koblenz bekommt voraussichtlich die Punkte aus dem Spiel gegen den 1. FC Saarbrücken II – berichteten wir am Montag im Hauptsport. Doch offenbar hat es den Fall gar nicht gegeben, dass Saarbrücken einen nicht spielberechtigten Spieler, Tim-Benjamin Angel, einsetzte. Mittlerweile steht fest, dass Angel seit dem 5. November 2003 die Seniorenspielberechtigung hat. Sein damaliger Verein, der 1. FC Kaiserslautern, hatte sie beantragt.

Am Montag erfuhr der SV Weingarten, dass A-Junior Angel erst in der Winterpause zu Saarbrücken gewechselt war. Ein Anruf vonWeingartens Vorsitzendem Willi Behr beim Geschäftsführer des Südwestdeutschen Fußballverbandes, Heinrich Dollmann, und er wusste, dass Angel seit Herbst für die Oberliga spielberechtigt ist. Die Spruchkammer, die seit 19. März in dem Fall recherchierte, hatte dies nicht in Erfahrung gebracht. Behr wird ein Stein vom Herzen gefallen sein. Dem Tabellenzweiten Weingarten drohte ein Fünf-Punkte-Rückstand auf Koblenz, das gegen Saarbrücken 1:1 gespielt hatte.

„Aufgrund der neuen Sachlage werde ich den Fall erneut verhandeln und das Urteil aufheben, wenn der SV Weingarten und der 1. FC Saarbrücken II einen Rechtsmittelverzicht erklären“, sagte der Vorsitzende der Spruchkammer des Regionalverbandes Südwest, Eckhard Kaps, gestern gegenüber der RHEINPFALZ. Beide Vereine haben sich zu besagtem Verzicht bereit erklärt. Nach Kaps kann die Spruchkammer den Fall nun wieder aufnehmen. Voraussichtlich wird das schon morgen der Fall sein.

Kaps und Dollmann sprachen Spielleiter Hemmler von jeglicher Schuld frei. Der Spruchkammervorsitzende räumte allerdings ein, dass Fehler passiert seien. Künftig wolle er sich nicht mehr auf Aussagen von Geschäftsstellen der Fußball-Landesverbände verlassen, sondern die Originalunterlagen anfordern. „Es bringt jetzt nichts, Schuldzuweisungen zu machen, aber aus den Fehlern muss gelernt werden“, betonte Kaps. Er sagte aber auch, dass sowohl dem Spieler als auch dem 1. FC Saarbrücken und dem saarländischen Fußballverband hätte bekannt sein müssen, dass Tim Benjamin Angel seit 2003 bereits „seniorenspielberechtigt“ ist.

Hemmler zeigte sich von der Entwicklung des Falles überrascht. Er sei von den Angaben der jeweiligen Fußball-Landesverbände, im vorliegenden Fall des saarländischen, abhängig. „Einerseits ist die Geschichte beschämend, weil nicht ordnungsgemäß recherchiert wurde, andererseits ärgert mich, dass der gesamte Fußball in Mitleidenschaft gezogen wird“, stellte der Spielleiter klar. Er betonte, dass er weder Koblenz, noch Saarbrücken, noch Weingarten über seine Anzeige gegenüber der Spruchkammer, die er am 19. März machte, informiert habe. Deshalb habe er Weingartens Vorsitzenden auch nicht am 26. März über das bei der Spruchkammer anhängige Verfahren informiert. Bei der Niederlage des SVW in Koblenz hatten sie kurz miteinander gesprochen.

Ein gestern in der „Rhein-Zeitung“ erschienes Interview mit TuSSportwart Peter Simon ist nach Hemmlers Ansicht missverständlich. Dort wird Simon zitiert: „Ich hatte seinerzeit nach der Partie gegen Koblenz den Spielleiter gebeten, die Spielberechtigungsliste zu prüfen. Dabei hat sich herausgestellt, dass ein Akteur keine Seniorenfreigabe hatte.“ Hemmler will das Interview nicht gelesen haben. Er sagte gestern aber auch, dass es dabei um einen anderen Saarbrücker Spieler gegangen sei. Er hoffe, die Angelegenheit sei bald vom Tisch und die Oberliga-Meisterschaft werde auf sportlichem Wege entschieden.

Weingartens Vorsitzender Willi Behr betrachtet das Vertrauensverhältnis zu Hemmler als gestört. „Mein Glaube in den Fußball ist derzeit erschüttert“, so Behr, „es kann doch nicht sein, dass wir als Laien in zwei Stunden herausfinden, was die Spruchkammer in sechs Wochen nicht schafft.“ Er dankte Saarbrücken für die kooperative Zusammenarbeit. „Hätte sie uns nicht alle Unterlagen gegeben, hätten wir keine Chance gehabt.“ Er sprach von „dilettantischen Recherchen“.