| Einstellung, Druck oder die Physis?

05.08.2002

Warum Eintracht so schlecht spielte

 
Vom 05.08.2002

 
Von unserem

Redaktionsmitglied

Andreas Hand

„Die hatte kee Luscht.“ Solche Sprüche hätte man mit Sicherheit auf der Tribüne gehört, wäre die Oberliga-Partie der Kreuznacher Eintracht gegen den TuS Koblenz im April gewesen und wenn es für beide Teams um nichts mehr gegangen wäre. Doch nach dem furiosen 4:3-Sieg beim FK Pirmasens war die Euphorie der Zuschauer vor dem ersten Heimspiel der Saison groß. Sie gipfelte in der hoffnungsfrohen Prophezeiung: „Heit werre mer Tabellefihrer.“ Und sicherlich gingen auch alle Spieler mit der richtigen Einstellung auf den Platz. Woran lag es also, dass bei den Gastgeber nach einer zufriedenstellenden Anfangsphase nichts, aber auch gar nichts mehr zusammenlief?

Wahrscheinlich muss man einfach akzeptieren, dass es solche Tage gibt. Man bekommt keinen Ball zum Mitspieler, kommt immer einen Schritt zu spät, verzieht selbst Frei- und Eckstöße, leistet sich falsche Einwürfe, fängt unnötige Gegentore kurz vor der Pause und bekommt einen Strafstoß verweigert. Das einzig Positive an diesem Tag war, dass Savas Kaya bei einem versuchten Nachtreten kurz vor dem Abpfiff die Rote Karte und eine Sperre erspart blieben.

Oder war es in der Tat die „schlechte Physis“, die Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Schulz ausgemacht hatte? Das wäre schlimm – am zweiten Spieltag. „Wir wollten heute einen drauflegen. Aber eventuell war der Druck zu groß“, suchte Kapitän Kaya nach dem Abpfiff nach einer Erklärung. Sollte er Recht haben, muss die Mannschaft schnell einen Reifeprozess durchmachen. Denn unter Druck wird sie in dieser Liga regelmäßig stehen.

Einer im Eintracht-Kader hatte in dieser Beziehung einen klaren Vorteil: Dirk Vandeveer hatte gar keine Zeit, um unter Druck zu geraten. Um 11.15 Uhr war der in Amerika studierende in Frankfurt gelandet. Vier Stunden später saß er im SGE-Trikot auf der Bank und wurde nach der Pause eingewechselt. Er war noch einer der Besseren.

Anders war es bei Stefan Benz. Der wartete wegen eines erfolglosen Jahres bei der Spielvereinigung Ingelheim über ein Jahr auf seinen ersten Oberliga-Einsatz. Zudem wusste er schon zwei Tage zuvor, dass er von Beginn an auflaufen würde. Ihm war die Nervosität am deutlichsten anzumerken. Sein Gegenspieler Sebastian Bungert informierte ihn auch gleich über die Gepflogenheiten in dieser Spielklasse. Beim ersten „Vorstellungsgespräch“ – der Ball war in dieser Szene weit weg – stieg er ihm erst einmal absichtlich auf den Fuß. Eine Mischung aus sich Respekt verschaffen und Provokation. So als wolle er ihm sagen: „Willkommen in der Oberliga!“

Nessel hatte bei den Gegentoren „katastrophale Fehler auf der rechten Seite“ ausgemacht. Und es ehrt ihn, dass er keinen Namen nannte. Doch die treffendere Bilanz zog wohl Kaya: „Es hat im Kollektiv nicht gestimmt. Zuhause darf man so nicht auftreten.“ Das sah auf der Pressekonferenz auch Schulz so. „Das war furchtbar“, grantelte er. Und er versprach: „Beim nächsten Heimspiel wird eine andere Mannschaft zu sehen sein.“ Einspruch! Die Mannschaft wird nahezu die gleiche sein. Aber es wird ihr wohl kaum gelingen, noch einmal so schlecht spielen.