Rhein Zeitung | Walthers Geniestreich löst bei Jones Panik aus, reicht aber nicht zur Sensation

21.05.2018

Es war ein typischer Walther. Schon nach dem Freistoßpfiff von Schiedsrichter Patrick Kessel aus Norheim ging ein Raunen durch den Waldalgesheimer Fanblock.

Der Freistoß-Spezialist, Patrick mit Vornamen, ließ sich mit der Ausführung Zeit, konzentrierte sich, nahm zwei, drei Meter Anlauf und zirkelte dann das Leder aus 18 Metern Entfernung in die Maschen. „Genau da sollte er hin, er war gut getroffen“, freute sich Walther nach seinem Geniestreich im Finale des Bitburger-Verbandspokals der Fußballer. Das 1:1 in der 88. Minute ließ den Favoriten und Gastgeber erzittern, doch die Wormser Wormatia bekam noch die Kurve, gewann mit 3:1 (1:1, 1:0) nach Verlängerung.

„Ich gebe es zu, ich war drei Minuten panisch“, gab Steven Jones, der Trainer der Wormser, einen Einblick in sein Seelenleben nach Walthers Tor. Zu oft waren die Wormser in den Vorjahren als großer Favorit gescheitert, oft knapp. Der Begriff Trauma machte bereits die Runde. Wie groß die Erleichterung bei den Wormsern war, lässt sich an einem weiteren Statement von Jones erkennen: „Kompliment an Aydin Ay, der seine Jungs perfekt eingestellt hat, und das Alemannen-Team. Ich weiß, wie es sich anfühlt, ein Pokalfinale zu verlieren, aber dieses Scheißding musste jetzt einfach zu uns.“

Dass sie die Wormser derart ins Wanken gebracht hatten, dürfen die Waldalgesheimer als riesengroßen Erfolg werten. „Es war der Tag der Amateure, und wir haben gezeigt, wie gut und spannend Amateurfußball sein kann. Das war Werbung für unseren Verein“, erklärte SVA-Trainer Ay, der ergänzte: „Natürlich hat die Wormatia in der Summe verdient gewonnen, aber wir haben uns gewehrt, auch mit viel Körperlichkeit. Ich halte das für legitim.“

Die Waldalgesheimer drehten von Beginn an an der Uhr. Torwart Pasquale Patria ließ sich bei allen Abstößen gefühlt fünf Minuten Zeit. Zudem suchten die Alemannen Körperkontakt. In den ersten Minuten war die medizinische Abteilung der Wormatia im Dauereinsatz. Ihren Plan, sich sehr tief aufzustellen, keine Räume zu öffnen und vereinzelt Nadelstiche zu setzen, gaben die Waldalgesheimer auch nach dem 0:1 nicht auf. „Mich ärgert, dass wir das Gegentor ausgerechnet nach einem Standard fangen“, erklärte Alemannen-Abwehrchef Marcel Fennel – wo doch die Verteidigung ruhender Bälle zur Stärke der Gäste gehört. Fennel hatte auch seine Aktien am Gegentor. Er klärte den Ball zuvor recht unbedrängt zur Ecke. „Ich sehe nur das Tor, aber nicht, was in meinem Rücken passiert. Klar hätte ich den Ball auch ins Seitenaus schießen können. Aber wir haben anschließend ja auch wieder die Möglichkeit, uns bei der Ecke zu sortieren“, analysierte der SVA-Kapitän.

25 Minuten waren da gespielt. Wer nun ein Einbrechen des zwei Klassen tieferen Außenseiters erwartete, war falsch gewickelt. Die Alemannen standen weiter kompakt. Und hatten sogar durch Fennel (32.), der völlig frei an Wormatia-Keeper Steve Kroll scheiterte, eine Riesen-Möglichkeit sowie durch Marius Breier (39.) und Marcel Heeg (42.) Halbchancen.

Die zweite Hälfte verlief lange ereignisarm. Den Wormsern fehlten Ideen, Tempo und auch der Mut, um das 2:0 nachzulegen. Die beste Gelegenheit ergab sich für Thomas Gösweiner (70.) nach einem zu kurzen Rückpass von Julius Haas. Doch der Alemanne machte seinen Fehler mit einer Hammergrätsche wieder wett. Als die Feierlichkeiten dann langsam, aber sicher auf den rot-weißen Weg gebracht werden sollten, schlug die Stunde Walthers. Beinahe wäre aus dem Gongschlag sogar ein Doppelschlag geworden, doch Konstantin Sawin vergab in der Nachspielzeit eine klasse Kontermöglichkeit. Bei optimaler Ballmitnahme wäre er frei auf den Kasten zugelaufen, so wurde er etwas nach außen gedrängt, und Kroll parierte seinen Schuss.

In der Verlängerung gerieten die Waldalgesheimer direkt wieder in Rückstand durch den eingewechselten Daisuke Ando. Doch es änderte sich wenig, die Alemannen hielten an ihrem Defensivplan fest, ohne dieses Mal die Möglichkeit zum „Lucky Punch“ zu bekommen. Vielmehr machte Patrick Auracher mit einem Foulelfmeter alles klar. Heeg hatte Steffen Straub gefoult. Der Mann mit der Nummer 22 bereitete somit alle drei Treffer vor und wurde zum Mann des Spiels gekürt.

„Wir haben das Spiel trotz der Niederlage genossen, so wie wir es uns vorgenommen haben“, erklärte Ay. Auch die Spieler bestätigten das. „Schon vor solch einer Kulisse einzulaufen, war der helle Wahnsinn“, erklärte SVA-Spieler Timo Riemer. 3393 Zuschauer hatten den Weg in die EWR-Arena gefunden und machten das Pokalfinale zu einem Fußballfest. „Das sind die Tage, für die wir Fußball spielen“, sagte Patrick Walther und dürfte dabei auch an seinen großen Moment in der 88. Minute gedacht haben.