Kölner Stadtanzeiger | Köln schrammt an der Blamage vorbei

30.10.2012

 

Durch einen glücklichen 4:3-Erfolg im Elfmeterschießen hat der 1. FC Köln das Achtelfinale im DFB-Pokal erreicht. Gegen den Viertligisten enttäuschten die Jungs von Trainer Holger Stanislawski spielerisch und auch kämpferisch.  

Von Michael Krämer

Großer Jubel wollte nicht aufkommen, als Miso Brecko dem 1. FC Köln mit seinem Treffer zum 4:3 im Elfmeterschießen den Einzug ins Achtelfinale des DFB-Pokals sicherte. Der Kapitän hatte seinen Klub vor den Folgen einer extrem schwachen Leistung bewahrt und für die für den verschuldeten Klub so wichtigen Einnahmen von mindestens 500.000 Euro in der nächsten Runde gesorgt. Nach den vorangegangenen 120 Minuten hatte es beim Viertligisten Wormatia Worms nur zu einem glücklichen 0:0 gereicht, der FC hatte spielerisch und kämpferisch enttäuscht.

Die erste Sensation hatte sich schon vor dem Anstoß des Pokalspiels ereignet: Holger Stanislawski baute seine Startelf nicht um. Wie beim 3:3 gegen Kaiserslautern setzte er auf eine offensive Dreierkette und verzichtete auf den dreifachen Riegel vor der Abwehr, den er zuletzt in Auswärtsspielen aufgeboten hatte. Losgelöste Angriffswellen wurden den 800 Kölner Fans dennoch nicht geboten, der FC hatte von Beginn an Probleme mit dem wacker kämpfenden Regionalligisten. Nach zehn Minuten schoss Adil Chihi zumindest in Richtung Tor der Wormatia.

In der Folge freute sich der FC über Barcelona-Ballbesitz-Fußball. Und Worms freute sich darüber, dass der FC sich mit einem einfallslosen Querpass-Festival selbst die Spielfreude nahm. Nach 42 Minuten, in denen die Kölner nicht mehr gezeigt hatten als ein paar Distanzschüsse, sorgte Stanislawski für den ersten Emotionsausbruch im bis dahin wie einem Testkick anmutenden Pokalspiel. Nach einem Rückpass von Christian Eichner sprang der 43-Jährige von seinem braunen 70er-Jahre-Holzstuhl auf, brüllte seinen Linksverteidiger an und fuchtelte mit den Armen. Die Botschaft war klar, Stanislawski hatte genug von der Kölner Tempoverschleppung. Doch mutig zeigte sich im Anschluss zunächst die Wormatia. Scipon Bektasi sorgte für die erste Wormser Annäherung an das Kölner Tor (44.).

Wenige Meter entfernt starteten die FC-Fans in der Halbzeit eine Pyrotechnik-Show und sorgten für entgeisterte Blicke der ohnehin bedienten Kölner Verantwortlichen. Präsident Werner Spinner hätte sich zu seinem 64. Geburtstag wohl eher ein Feuerwerk seiner Spieler gewünscht.

Für spielerische Glanzlichter sorgte nach dem Wechsel aber nur der Viertligist. Beim FC kam nun Kevin McKenna für Dominic Maroh – und die Sicherheit in der Kölner Defensive ging. Martin Röser hätte die Unordnung fast zur Führung genutzt, doch der Wormser scheiterte erst am herauseilenden Timo Horn (46.), dann an seiner Schusstechnik – der Ball flog in den Nachthimmel (65.). Chihi hätte den Außenseiter für die schlechte Chancenverwertung bestrafen können, doch stattdessen übertraf er Rösers Versuch sogar um einige Höhenmeter (70.). Die Partie gewann nun etwas an Fahrt, auch wenn modernem Kombinationsfußball weiterhin der Eintritt ins Stadion verwehrt blieb.

Die Stimmung des Publikums wechselte in der Hoffnung auf eine neuerliche Sensation nach dem 2:1 gegen Hertha BSC von Anspannung zu Euphorie. Die Stimmung beim FC wechselte nur von Anspannung in Lethargie – vom Wissen um die sportliche und finanzielle Bedeutung des Pokals war nichts zu spüren, das Ende der regulären Spielzeit kam dem FC gelegen. Eine eigentlich unvorstellbare Situation angesichts eines 0:0 bei einem Regionalligisten.

Außenseiter vergibt Chancen

Doch auch die neuerliche Besprechung führte nicht zu mehr Sicherheit. Die Verlängerung begann mit einer weiteren Großchance der Wormser, doch Lucas Oppermann verpasste den größten Moment seiner Karriere um Zentimeter (92.). Es blieb die größte Möglichkeit des zerfahrenen 30-minütigen Nachschlags, in dem der FC das Unentschieden gegen spritziger wirkende Wormser ins Elfmeterschießen rettete, in dem Horn mit einem gehaltenen Ball und der nervenstarke Brecko eine rauschende Siegesfeier der Wormser verhinderten.