Allgemeine Zeitung | Erstes Wiedersehen nach dem Skandalspiel

22.04.2022

Wormatia Worms gegen SV Gonsenheim, das ist mehr als nur ein Fußballerspiel der Oberliga-Meisterrunde. Die Elf vom Wildpark hat am Samstag (14 Uhr) im Rheinhessen-Duell die Gelegenheit, dem Spitzenreiter ein Bein zu stellen, genauso wie am letzten Spieltag. Aus dem Mannschaftskreis wurde kürzlich verlautet, dass man sich Platz drei zum Ziel gesetzt hat, was die beste SVG-Saison der Fußball-Neuzeit bedeuten würde. Rang vier stand 2014/15, unter Jörg Jansohn und Babak Keyhanfar, zu Buche. Zudem hat die Partie eine doppelte Vorgeschichte, die zumindest ein hitziges Umfeld erwarten lässt.

Den 26. Oktober 2019 werden die Gonsenheimer, die dabei waren, so schnell nicht vergessen. 3:2-Sieg, Rudelbildung mit Schlusspfiff, eine jäh unterbrochene Kabinenparty. Erst bekam SVG-Spieler Nino Vranesevic einen kräftigen Einlauf verpasst, dann hieß es: Keiner verlässt die Kabine, erst einmal muss die Polizei kommen. Vranesevic hatte bei seiner Einwechslung hinter dem Rücken die Mittelfinger Richtung Tribüne gestreckt – eingefangen von einer Kamera. Es war das letzte SVG-Spiel des rasch suspendierten 22-Jährigen.

Seitens der Wormser Fans gab es 90 Minuten lang viel rhetorisches Feuer in Richtung der Gonsenheimer Spieler. „Auch viel gegen mich, wahrscheinlich auch wegen des gehaltenen Elfmeters“, sagt Torwart Paul Simon, „und wahrscheinlich habe ich auch ein bisschen provoziert.“ So weit, so wettkampfüblich vor größerem Publikum. Wären da nicht die Mittelfinger gewesen. In der Kabine hörten die Gonsenheimer das Gebrüll, die Beleidigungen. Die Polizei musste ihnen den Weg zu Autos und Mannschaftsbus bahnen. „Da muss man schon mal schlucken“, gibt Simon zu.

Nun steht das erste Duell seit dem Vorfall an. Eineinhalb Jahre später als gedacht, weil die Ligaspiele von Corona ausgebremst wurden – und Wormatia im Oktober 2020 die Anreise zum Pokal-Achtelfinale am Wildpark verweigerte. Ein Rechtsstreit über mehrere Instanzen, der pro SVG entschieden wurde, war die Folge – mit einiger Intensität begleitet in den Sozialen Medien. „Das ist Vergangenheit, und wir haben auch nicht wirklich Profit daraus geschlagen“, sagt Trainer Anouar Ddaou. Schließlich war der Wettbewerb pandemiebedingt danach bald zu Ende, für die Viertelfinalisten gab es eine fünfstellige Prämie. „Ich glaube, nach der Pokal-Geschichte sind wir kein ganz gern gesehener Gast“, sagt Simon.

Auch, wenn die meisten Spieler aus der 2019er-Partie nicht dabei sind. Der Torwart wird aufgrund seines Muskelfaserrisses ausfallen, Ferhat Gündüz und Damir Bektasevic sind fraglich. Möglich, dass Mustafa Yilmaz der einzige Gonsenheimer sein wird, der erneut aufläuft. Ali Bülbül, einst bei Wormatia II aktiv, ist zumindest ins Training zurückgekehrt und könnte diese Saison noch sein Comeback feiern.

Ddaou erwartet friedliches Duell vor großer Kulisse

„Ich brenne auf solche Spiele“, sagt Simon, der schon jetzt voller Vorfreude auf das Rückspiel ist, das wohl auf der Mombacher Bezirkssportanlage ausgetragen wird, zwecks Fantrennung. Bringen seine Kollegen so viel Motivation mit wie der verletzte Keeper, wird es wieder ein spannendes Spiel. „Ich freue mich auf die Begegnung, erwarte eine tolle Stimmung und gehe von einem friedlichen Fußballspiel aus“, sagt Ddaou, „es gibt nicht viele Klubs, die eine solche Kulisse bieten. Die Mannschaft ist auf allen Positionen top besetzt, da kann in der Liga kein anderes Team mithalten. Das wird eine Herkulesaufgabe.“