Frankfurter Allgemeine Zeitung | Reimann macht den Eintracht-Profis Beine

07.01.2004

Von Von Thomas Klemm

Am Dienstag nachmittag bot sich auf dem Trainingsplatz neben dem Waldstadion ein Bild von mannschaftlicher Geschlossenheit, das Willi Reimann so gar nicht paßte. Auf Geheiß des Trainers liefen die Fußballprofis der Frankfurter Eintracht gemächlich um den Platz herum, um anschließend in Zweiergrüppchen nacheinander zum Sprint anzusetzen; das Grundtempo sollte zwar, so hatte es Reimann vorgegeben, nicht allzu hoch sein - allerdings bei weitem nicht so gemütlich, wie die Spieler über das seifige Grün neben dem Waldstadion zuckelten. Reimann entging nicht, daß es sich bei dieser unaufgeregten Art der Fortbewegung um eine besondere Solidaritätsaktion der Starken mit den Schwachen handelte. Also schrie der Eintracht-Coach über den Platz, daß die konditionsstärkeren Profis gefälligst "die angezogene Handbremse" lösen sollten, mit der sie sich nachsichtig dem Tempo ihrer schon schlappen Kollegen anpaßten. Später, als Reimann und seine Mannen im Trockenen standen, war der Trainer wieder etwas gelassener. "Nachholbedarf im läuferischen Bereich" hatte der seit Heiligabend 54 Jahre alte Coach nach der zweiten Übungseinheit am Dienstag bei einigen seiner Bundesligakicker festgestellt. "Aber das ist am zweiten Trainingstag nach der Pause auch normal. Wichtig ist, daß sich jeder Spieler sichtbar bemüht."

Namen nannte Reimann keine. Doch es war nach dem Waldlauf am morgen und der zweiten Übungseinheit am Nachmittag deutlich zu sehen, daß zum Beispiel Geri Cipi und Nico Frommer sich schwertaten, Anschluß an die Laufgruppe zu halten. Im Gegensatz dazu zeigten sich vor allem Uwe Bindewald, Markus Kreuz, Markus Beierle und der schier nimmermüde Du-Ri Cha von ihrer schnellsten Seite. Und sogar Andreas Möller, der Oldie im Eintracht-Team, bewies, daß er mit den Füßen genauso flink sein kann wie er es tags zuvor mit dem Mundwerk war. Hatte der Sechsundreißigjährige doch den sechs Jahre älteren Lothar Matthäus einen "Dummschwätzer" genannt, nachdem der Rekord-Nationalspieler ihm vorgeworfen hatte, den richtigen Zeitpunkt für das Karriereende verpaßt zu haben.

Den richtigen Zeitpunkt für ein Testspiel sieht Willi Reimann schon an diesem Mittwoch, nach insgesamt vier Trainingseinheiten gekommen. Um 18.30 Uhr trifft die Eintracht im Stadion an der Alzeyer Straße auf Wormatia Worms. Für Reimann "eine Abwechslung vom Trainingsbetrieb", da ein neunzigminütiges, die Kondition fordernde Testbegegnung mit Amateure allemal besser sei als "Spielchen untereinander". Den Eintracht-Trainer stört es auch wenig, daß der Tabellensiebte aus der Oberliga Südwest seit Wochen nicht trainiert hat und sich erst am Montag abend kurz zusammenfand, um die eigenen Reihen für das Gastspiel der Eintracht zu ordnen. Der offizielle Trainingsauftakt von Wormatia Worms ist erst für den 20. Januar terminiert; aber das außerplanmäßige Aufeinandertreffen gönnt der Wormser Trainer Dirk Anders seinen Spielern von Herzen, nämlich als "einen kleinen Test für jeden, wie weit er von der Ersten Bundesliga weg ist".

Wie nah indessen die beiden derzeitigen Frankfurter Gastspieler am Erstligakader sind, darüber kann sich Willi Reimann noch kein Urteil erlauben. Beim brasilianischen Stürmer Rodrigo Teixeira, der mit Handschuhe, langer Hose und Mütze vermummt dem Frankfurter Nieselregen trotzte, sowie beim Abwehrspieler Christovao Trombin wolle er "noch genauer hinschauen", um deren Leistungsfähigkeit einschätzen zu können. Man mache sich keinen Zeitdruck bei deren Beobachtung; so können sie sich an diesem Mittwoch in Worms auch mal spielend beweisen.

Nach der ernsten Arbeit folgt für eine zwölfköpfige Spaßgesellschaft der "Budenzauber" mit Mehrwert. Für den Klub bringen die Hallenturniere in Hannover und Riesa Geld, bei den Spielern "fördern sie den Spaß am Fußball", wie Willi Reimann sagte.