Deichstube.de | Werder so souverän wie lange nicht

19.08.2018

Worms - Florian Kohfeldt musste schon ein bisschen zur Zufriedenheit gezwungen werden. Klar, da war die schwere Verletzung von Ole Käuper, die ihm gehörig aufs Gemüt schlug.

Aber der Werder-Coach hatte beim 6:1 (5:1)-Sieg beim Regionalligisten Wormatia Worms in der ersten Runde des DFB-Pokals auch Dinge auf dem Platz gesehen, die ihm nicht so passten. Doch dann zeigte ihm jemand die Ergebnisse der anderen Bundesligisten. Die Bayern hatten sich weitergezittert, die Frankfurter sich sogar schon aus dem Wettbewerb verabschiedet. „Da war ich dann doch zufrieden“, sagte Kohfeldt: „Denn unser Sieg war nie gefährdet.“

Werder hatte sich unter der Woche so sehr bemüht, die nötige Spannung für diese Partie aufzubauen. Kohfeldt hob dabei ausdrücklich die erfahrenen Spieler wie Max Kruse, Niklas Moisander und Sebastian Langkamp als seine Helfer hervor. „Wir sind den Anforderungen gerecht geworden“, lobte der Coach und meinte damit vor allem die Defensive: „Aus dem Spiel heraus haben wir nichts zugelassen. Der Sieg war nie gefährdet.“

Die 8.000 Zuschauer in der ausverkauften EWR-Arena sahen dazu noch ein Torfestival, das Kohfeldt aber nicht als Spektakel empfand. Er wollte einfach nicht in Superlative verfallen. Dabei war nicht zu übersehen gewesen, dass vieles schon sehr gut funktioniert – zum Beispiel das Kombinationsspiel. Einige Spieler wie Florian Kainz trauten sich auch, das anzusprechen, um dann umgehend zu betonen: „Wir haben gegen einen Regionalligisten gespielt.“

Diese Einstellung gehörte zur Bremer Souveränität auch nach dem Spiel. „Wir können uns doch nicht dafür feiern lassen, bei Wormatia Worms gewonnen zu haben – bei allem Respekt vor dem Gegner“, meinte Kruse – der Kapitän blickte schon voraus: „Nächste Woche ist der Bundesliga-Start, dann erwartet uns eine ganz andere Herausforderung.“ Hannover 96 kommt am Samstag (15.30 Uhr) zum kleinen Nordderby ins Weserstadion.

SECHS TREFFER VERTEILEN SICH AUF SECHS PROFIS

Die Niedersachsen werden aber durchaus registriert haben, dass Werder nicht nur gut drauf ist, sondern viele torgefährliche Spieler besitzt: Die sechs Treffer verteilten sich schön auf sechs Profis. „In der Vorbereitung haben wir ja schon zu hören bekommen, dass wir nicht genug Tore erzielen“, erinnerte sich Maximilian Eggestein: „Da tut es gut, dass jetzt so viele Spieler getroffen haben.“

Den Anfang hatte Yuya Osako gemacht. Der Japaner verwertete nach acht Minuten per Kopf eine Freistoß-Hereingabe von Florian Kainz. Der Vorbereiter vollstreckte dann wenig später selbst – mit einem Kracher vom linken Strafraumeck genau in den Winkel (20.). „Ich habe ja gesagt, dass ich in dieser Saison in diesen Situationen mehr draufhalten möchte“, erzählte Kainz anschließend und grinste zufrieden.

So munter ging es weiter. Philipp Bargfrede markierte im Stile eines Mittelstürmers das 3:0 (31.). Gekonnt lupfte er die Kugel über Keeper Chris Kellmann. „Alle denken immer, Philipp sei nur ein Brecher, aber er ist ein richtig feiner Fußballer“, betonte Maximilian Eggestein.

Jetzt war Werder überhaupt nicht zu stoppen – oder nur durch ein Foul wie bei Davy Klaassen. Den daraus resultierenden Strafstoß verwandelte Kruse zum 4:0 (41.). Es folgte ein kleines Ärgernis. Nach einer Freistoß-Hereingabe hatte Theodor Gebre Selassie Gegenspieler Ebewa-Yam Mimbala zum 1:4 einköpfen lassen (42.). Vor dieser Standard-Gefahr hatte Kohfeldt ausdrücklich gewarnt. Doch bei dem Spielstand war das nicht mehr so tragisch, zumal Maximilian Eggestein noch kurz vor der Pause das 5:1 markierte.

KRUSE: „DIESE SOUVERÄNITÄT HATTEN WIR IN DEN LETZTEN JAHREN NICHT“

„Die frühen Tore haben uns natürlich gut getan“, urteilte der Torschütze: „Insgesamt haben wir das in der ersten Halbzeit sehr gut gemacht.“ Bei hohen Temperaturen war die zweite Hälfte dann nur noch ein Schaulaufen. Lediglich Johannes Eggestein traf noch nach feiner Flanke von Kruse (78.). Es war das erste Pflichtspiel-Tor des 20-Jährigen bei den Profis. „Das freut mich sehr für ihn, er hat eine harte Zeit hinter sich“, meinte Bruder Maximilian. Und Johannes meinte: „Natürlich freue ich mich, aber noch wichtiger ist der Sieg der Mannschaft.“

Werder hatte vor allem als Team funktioniert. Es gab keinen Ausfall, sondern schon ein richtig gutes Zusammenspiel. Der vorsichtige Kruse gönnte sich zumindest diese Aussage: „Diese Souveränität hatten wir in den letzten Jahren nicht.“ 2009 hatte es zum Pokalauftakt mal ein 5:0 gegen Union Berlin gegeben. Und Maximilian Eggestein erinnerte noch mal daran, dass Werder durch das Aus in der ersten Runde schon mehrfach in eine Negativspirale geraten war. In diesem Jahr ist das anders. Die Fans waren wie berauscht und sangen schon vom Europapokal – und wurden von der Einwechslung von Claudio Pizarro zusätzlich euphorisiert. Eigentlich ein perfekter Tag, wäre da nicht die Fußverletzung von Ole Käuper gewesen, der wahrscheinlich lange ausfallen wird.