Weser-Kurier | Der Plan für Worms

16.08.2018

Florian Kohfeldt sagt, dass die Spannung bei einer Partie gegen einen Viertligisten wie Worms nicht so hoch ist wie in der Bundesliga. Er hat aber einen Plan, wie er sein Team richtig motivieren kann.

Niklas Moisander war gerade einmal seit sechs Wochen Werderaner, da musste er mit seinem damals neuen Klub zum ersten Pflichtspiel ran. DFB-Pokal. Auf dem Dorf. In Lotte. Kleines Stadion, aber große Stimmung beim Gegner. Zwei Jahre ist das her, "sehr enttäuschend" nennt Moisander heute die Erinnerungen an das Spiel. Werder verlor mit 1:2, flog wie so oft in den Jahren zuvor gegen einen Drittligisten aus dem Pokal. "Das ist eine Warnung für uns", sagt Moisander.

Diesmal führt Werders Reise zu einem Viertligisten. Es geht nach Worms. Regionalliga Südwest. In Werders Kader stehen 14 A-Nationalspieler, bei Wormatia Worms: null. Der Werder-Kader hat laut der Internetplattform Transfermarkt.de einen Marktwert von über 111 Millionen Euro, die Wormser Spieler sind 1,7 Millionen Euro wert. Werder hat in seiner Geschichte sechs Mal den DFB-Pokal gewonnen, Wormatia Worms hat ein Mal das Viertelfinale erreicht, 1953, also vor über 60 Jahren. Werder ist deshalb haushoher Favorit, alles andere als ein Bremer Weiterkommen wäre eine bodenlose Enttäuschung. 

Trotzdem müssen die mindestens 90 Minuten in Worms erst einmal gespielt werden. Florian Kohfeldt spricht von einer Herausforderung, wenn es um das Worms-Spiel geht, nämlich die richtige Spannung aufzubauen, er nennt das sogar "die größte Herausforderung". "Wenn wir nächste Woche Samstag gegen Hannover ins Weserstadion fahren, dann muss ich nicht über Spannung reden, wenn ich hinter mir in den Bus gucke", sagt Werders Cheftrainer. Hannover, das ist Bundesliga, das sind 40 000 Fans, die meisten davon Werderaner. In Worms dagegen, vor maximal 8000 Zuschauern, müssten die Spieler bewusst etwas für den nötigen Spannungsaufbau tun. Wie das geht? "Mit viel reden", sagt Kohfeldt.

Szenen der Nachlässigkeit

Bevor es am späten Freitagnachmittag nach Worms geht, wird Kohfeldt seinen Spielern das klipp und klar gesagt haben, und bis dahin werden die Spieler auch ein Video gesehen haben. Keine Analyse des Gegners, sondern Ausschnitte aus Werders Testspielen. Es werden Sequenzen sein, in denen Werder nicht so gut aussah, in denen laut Kohfeldt die "absolute Fokussierung" fehlte, Szenen, in denen Nachlässigkeiten erkennbar wurden. Bei Werder haben sie in den vergangenen Jahren zu viele unliebsame Pokalerfahrungen gemacht. Heidenheim. Münster. Saarbrücken. Und 2016 Lotte. Alles Erstrunden-Enttäuschungen, wo doch eigentlich jedes Mal alles hatte besser werden sollen.

Werders Spiel in Worms wird vermutlich einer bekannten Dramaturgie folgen. Der Gegner wird 110 Prozent Einsatz zeigen, für die meisten Wormser Spieler dürfte das Duell mit Werder das Spiel ihres Lebens sein. Worms wird auf die "ein, zwei Konter" lauern, "die für so ein Pokalspiel typisch sind", sagt Kohfeldt, und ansonsten wird der Viertligist vermutlich verteidigen, verteidigen, verteidigen.

Der erstaunliche Pizarro

Es werden von Bremer Seite fußballerische Lösungen gefragt sein, bei Werder gibt es mittlerweile so viele Profis wie seit Jahren nicht, die dafür sorgen können: Max Kruse. Davy Klaassen. Yuya Osako. Und natürlich Claudio Pizarro. Der Altstar, der auf die 40 zugeht, hat sie bei Werder in den letzten Tagen mal wieder richtig zum Staunen gebracht. "Wir haben uns vor der Verpflichtung schlaugemacht, wie fit er ist", erzählte Sportchef Frank Baumann am Donnerstag, "wir sind trotzdem etwas überrascht, wie gut er das harte Programm im Trainingslager in Grassau absolvieren konnte."

Mit anderen Worten: Claudio Pizarro steht auf jeden Fall im Kader für Worms und ist damit ein Kandidat auch für einen längeren Einsatz. Konditionell, siehe oben. Und fußballerisch, weil er gegen einen tief stehenden Gegner den Ball mit dem Rücken zum Tor festmachen und ablegen kann und je nach Spielsituation mindestens einen, eher sogar zwei oder drei Gegenspieler bindet. Oder Johannes Eggestein kommt zum Zuge. Kohfeldt nannte Eggestein am Donnerstag als einen Kandidaten für das Worms-Spiel, ohne dass er ausdrücklich nach ihm gefragt worden war. Als einen "Mittelfeldspieler mit großen Abschlussqualitäten" bezeichnete Kohfeldt Johannes Eggestein, hinter dem in dieser Vorbereitung eine Umschulung vom Mittelstürmer zum Außenbahnspieler liegt. Mit Eggestein gegen Worms – das wäre eine Pokalüberraschung, die Kohfeldt gefallen würde. Auf alle anderen Überraschungen kann der Werder-Trainer dagegen gut verzichten.