FuPa.net | Als Fan plötzlich im Werder-Trikot

15.08.2018

ANDREAS MEHRING Der Bruder von Wormatia-Co-Trainer Max Mehring kann am Samstag nur gewinnen

Wiesbaden. Es war im Januar vor sechs Jahren. Für Andreas Mehring ging da ein kleiner Traum in Erfüllung. Ein Vierteljahr zuvor hatte es den Osthofener in den Norden verschlagen, weil er an der Hochschule in Bremen in ein Journalistik-Studium einsteigen wollte. Die Fußballschuhe mochte der aus dem Nachwuchs des SV Horchheim hervorgegangene Youngster dort aber nicht an den Nagel hängen. Und mit dem Jahreswechsel hatte er tatsächlich einen Verein gefunden, den SV Werder Bremen.

Nach 15 Jahren als Fan die Werder-Raute auf der Brust

„Als ich den Trainingsanzug und das Trikot angezogen habe, war das ein tolles Gefühl“, erinnert sich Andreas Mehring heute gerne zurück. Es war ein doppelt besonderes Gefühl, war er doch bei jenem Verein gelandet, für den er schon damals seit vielen Jahren große Sympathien hegte: „Ich war schon 15 Jahre ein echter Werder-Fan.“ Und jetzt die Raute mit dem weißen „W“ auf der Brust...

Trainiert hatte Andreas Mehring zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Monate im Nachwuchsleistungszentrum des SV Werder. Das Talent und eine gute fußballerische Ausbildung, die er beim SV Horchheim genossen hatte, stachen ins Auge, weshalb die Hansestädter im Winter den bei der TSG Pfeddersheim liegenden Spielerpass anforderten. Im Sommer zuvor war Mehring noch zum Oberligisten gewechselt, er hätte sich dort versucht, wenn es mit dem Studienplatz nicht geklappt hätte. Die berufliche Zukunft hatte aber den größeren Stellenwert. „Ein Ehrgeiz wie bei meinem Bruder war bei mir nicht gegeben“, schmunzelt er. Der Bruder? Richtig. Die Rede ist da von Maximilian Mehring. Ihn hatte es einst vom SV Horchheim zum SC Freiburg gezogen. Er hatte dort später Bundesliga-Luft geschnuppert, auch den Sprung in die Junioren-Nationalmannschaft geschafft, hatte im Anschluss viele Jahre in der Regionalliga gespielt. Jetzt sitzt er als Co-Trainer auf der Trainerbank bei Wormatia Worms – und erwartet am Samstag im DFB-Pokal den Ex-Klub seines jüngeren Bruders.

„Ich kann da“, lacht der heute 26-Jährige, „ja nur gewinnen“. Klar, seinem Bruder drückt er die Daumen: „Ich bin immer Fan von dem Verein, bei dem mein Bruder ist.“ Dem SV Werder wünscht er den Einzug in die nächste Runde ja aber auch.

Der Kontakt nach Worms ist bestens. Kein Wunder, wohnt Andreas Mehring doch mittlerweile in Wiesbaden. Nach abgeschlossenem Bachelor-Studium in Bremen, einem Auslandsaufenthalt in Australien sowie dem in Wilhemshaven „gebauten“ Master ist er bei der Fachzeitschrift „Finance“ in Frankfurt gelandet. Das hat mit Fußball oder zumindest Sport zwar nichts zu tun, spannend sei es aber allemal, betont er.

Mit dem Bruder telefoniere er regelmäßig: „Wir tauschen uns immer wieder aus.“ Die Sicht des Trainers sei nach interessanten Spielen immer spannend. Wichtig sei der Kontakt auch in jener Phase gewesen, als sich nach anhaltenden Knieproblemen das Laufbahnende des Bruders ankündigt hatte: „Sein Körper hat ihm damals mit jeder Sehne gesagt: Hör‘ jetzt auf.“

Er selbst hat im Herbst 2014 seine Laufbahn beendet. Im Werder-Trikot hatte er es auf immerhin knapp 30 Einsätze in der Bremenliga gebracht. Gleich im ersten Spiel hatte er als Joker gar ein Tor beim Sieg über den Brinkumer SV erzielt. Mehr Einsätze sollten nicht zusammenkommen, was auch eine Folge seines Auslandsaufenthaltes war. Missen möchte er die Zeit an der Weser aber in keinem Fall. „Es war das Beste, was ich erleben konnte“, schwärmt er, spricht von „Fußball auf hohem Niveau bei einem Verein, der sehr sympathisch ist“. Aus diesen Worten spricht nicht nur der Fan. Es spricht der Fußballer. Es spricht der Mensch.

Selbst der Präsident steht mal am Spielfeldrand

Zur Begründung hebt Andreas Mehring erst mal hervor, der Verein werde „wahnsinnig familiär“ geführt. Er selbst spielte zwar letztlich „nur“ für die U 21. Bei besonderen Duellen wie etwa gegen den FC Oberneuland sei aber regelmäßig sogar der damalige Präsident Klaus-Dieter Fischer am Spielfeldrand aufgetaucht: „Er hat uns Spieler alle abgeklatscht.“ In Erinnerung geblieben sind ihm sehr professionelle Strukturen und eine politisch sehr engagierte Anhängerschaft: „Die sind nicht radikal. Es gab aber immer wieder Demonstrationen für Menschenrechte oder gegen Rechts. Auch im Stadion gab es oft Plakate.“

Klare Sache, wenn sein SV Werder am Samstag in Worms gastiert, wird auch Andreas Mehring unter den Zuschauern sein. Seine Erwartung? Als langjähriger Fan weiß er: „Werder ist für einen Ausrutscher immer gut.“ Andererseits weiß er aber auch, dass bei Wormatia die Euphorie vom prima Saisonstart ein wenig verflogen ist: „Die letzten Ergebnisse waren natürlich doof.“ Und nimmt man die schlagkräftige Werder-Offensive um (Ex-?)Nationalstürmer Max Kruse hinzu...