Saarbrücker Zeitung | Homburg / Warken: \"Der Fußball fehlt mir\"

04.03.2004

 

Nach seinem Herzinfarkt fühlt sich der Trainer des Oberligisten FC Homburg noch nicht bereit für seine Rückkehr

Von MICHAEL KIPP

Wann Gerd Warken nach seinem Herzinfarkt im Januar wieder auf der Trainerbank des FC Homburg sitzen wird, ist völlig offen. Der Verein gibt dem 53-Jährige alle Zeit, die er braucht, um gesund zu werden.

Saarbrücken. Ein Herz schlägt 70 Mal in der Minute, 4000 Mal in der Stunde und zirka drei Milliarden Mal in 70 Jahren. Mit 100000 Schlägen pro Tag transportiert es 10000 Liter Blut - ohne Unterbrechung, Wartung oder Service. Es ist eine Ehrfurcht gebietende Hochleistungsmaschine, deren Stillstand für den Menschen grundsätzlich lebensbedrohlich ist. In Deutschland sterben jährlich 70000 Menschen am Stillstand ihres Herzens. Rund 60 Prozent aller Herzinfarkte enden tödlich. All dies weiß auch Gerd Warken, und als er erzählt, dass auch er ein typischer Kandidat für den so genannten "Sekundentod" war, macht er zunächst einmal eine Pause. "Es ging alles so schnell", sagt er, "ich wusste zwar, dass ich einen zu hohen Blutdruck habe", erzählt der 53-Jährige: "Doch gerechnet habe ich trotzdem nicht damit."

Es war am ersten Wochenende dieses Jahres. Warken kam gerade aus dem Skiurlaub zurück, als ihn Rückenschmerzen plagten. "Ich dachte, ich hätte mir auf der Piste einen Wirbel ausgerenkt. Also ging ich zu meinem Hausarzt", erinnert er sich. Der Arzt untersuchte Warken - und überwies den Lehrer sofort in die Völklinger SAG-Klinik, zu Herzspezialisten. "Es war kein ausgerenkter Wirbel", sagte Warken, "ich hatte einen Herzinfarkt - und riesiges Glück im Unglück."

Die Wahrscheinlichkeit auf der Ski-Piste tot umzufallen, war laut Aussage der Ärzte sehr groß. "Meine Gefäße waren so verengt, dass der Sekundentod fast schon programmiert war", so Warken. Doch er hatte Glück. Die Ärzte ordneten eine Notoperation an. Sein Brustbein wurde durchtrennt, fünf Bypässe gelegt. "Die OP verlief sehr gut", erzählt Warken, auch seine vierwöchige Reha-Maßnahme in Weiskirchen war "sehr gut", und inzwischen fühle er sich wohl, nur ab und an plagen ihn Schmerzen, nicht am Herzen, sondern an der Narbe. "Das kann man verkraften", sagt er.

Doch die Folgen des Herzinfarkts sind nicht nur physische Narben. Auch die Psyche leidet. Warken, der Nichtraucher, der Trainer, der eher als ruhiger Vertreter seiner Gilde gilt, der Mann, der ständig Ausdauersport trieb, muss sein Leben umstellen. "Ich habe noch immer Angst, mich zu belasten. Bei jeder Aufregung spielt die Angst mit, dass der Infarkt wieder kommt. Man muss sein ganzes Leben umstellen. Da verschieben sich einige Werte." Und das zu bewältigen, ist nicht leicht. "Die Gesundheit über alles zu stellen und alles andere unterzuordnen, fällt schwer", gesteht Warken, "doch ich bin mir sicher, dass ich das schaffen werde."

Und so spielt die Frage, wann er denn wieder auf die Trainerbank des FC Homburg zurückkehrt eine eher nebensächliche Rolle. "Natürlich fehlt mir der Fußball, er ist schließlich ein großer Bestandteil meines Lebens", sagt Warken, "doch ich werde erst wieder auf dem Platz stehen, wenn ich mich dem ganzen Stress gewachsen fühle." Derzeit leiten Peter Seufert und Eric Babilon das Training des Tabellenvierten. Warken steht in ständigem Telefonkontakt mit den Beiden, und als er auf die 0:4-Auftaktniederlage vergangene Woche in Engers angesprochen wird, sagt er nur: "Gut, dass ich dort nicht dabei war, da hätte ich mich sicher ein wenig zu viel aufgeregt." Am Samstag empfängt der FCH die Wormatia aus Worms (15.30 Uhr), und auch bei diesem Spiel wird Warken nicht im Stadion sein. "Es ist noch etwas früh", sagt er, "auch wenn ich natürlich gerne dabei wäre."

Der Vorsitzende des FCH, Herbert Eder, sieht in Warkens Abwesenheit kein Problem. "Wir geben Gerd die Zeit, die er braucht, um wieder fit zu werden. In den sportlichen Gefilden, in denen wir uns bewegen, hat die Menschlichkeit einfach noch ihren Platz. Gerd hat alle Zeit der Welt, er ist ein guter Trainer. Wir planen längerfristig mit ihm." Ein Vertrauensbekenntnis der seltenen Art, jetzt muss Warken noch Vertrauen in seine Gesundheit finden, damit das Leben nach dem Infarkt wieder ein alltägliches wird.