Berliner Zeitung | Hertha blamiert sich gegen Wormatia Worms

19.08.2012

Der nächste Tiefschlag für Hertha BSC: Nach dem Fehlstart in die 2. Liga haben die Berliner auch im Pokal gepatzt. 1:2 hieß es nach 90 Minuten gegen Viertligist Wormatia Worms. Die Fans verabschiedeten die Profis mit Ihr-seid-so-lächerlich-Rufen.

Schon kurz vor der Pause waren die Lautstarken unter den 6200 Besuchern im wunderbar altertümlichen Wormser Stadion sich ihrer Sache sicher: „Hertha fliegt bald raus“, skandierten sie zuversichtlich. Es waren Schlachtrufe, die sich auch am Ende des DFB-Pokal-Erstrundenspiels des Regionalligisten Wormatia Worms gegen den Bundesliga-Absteiger Hertha BSC als begründet erweisen sollten.

Die Hertha unterlag 1:2 (0:1) und präsentierte sich beim Viertligisten in desolatem Zustand. „Unser Saisonstart ist alles andere als gelungen“, räumte Manager Michael Preetz ein.

Wagner verliert fast jeden Zweikampf

Ein durchdachtes Berliner Passspiel war zuvor nicht erkennbar, das Konterspiel war von einer Trägheit geprägt, die auch durch die Sahara-Temperaturen nicht zu entschuldigen war, die einzige Spitze Sandro Wagner verlor so gut wie jeden Zweikampf gegen den körperlich ebenbürtigen Kapitän Sandro Rösner, was nichts daran änderte, dass er immer wieder hoch angespielt wurde, Adrián Ramos lungerte am linken Flügel herum, als wollte er Trainer Jos Luhukay auf diese Art mitteilen, dass er ihn doch, bitte schön, lieber ins benachbarte Freibad entlassen sollte.

Der Trainer hatte nach dem bitterbösen 1:3 beim FSV Frankfurt vom vergangenen Wochenende auf sechs Positionen umgestellt. Hinter Wagner durfte sich Elias Kachunga als Spielgestalter versuchen, links hinten spielte Felix Bastians (und fiel dabei vor allem durch verunglückte Flanken aus dem Halbfeld und ein böses Frustfoul kurz vor der Pause auf), zentral verteidigte Mittelfeldspieler Fabian Lustenberger neben dem erstmals seit achteinhalb Monaten wieder in einem Pflichtspiel aufgebotenen Maik Franz, und im Tor stand wie erwartet Philip Sprint.

Der konnte froh sein, dass er nach zwei Minuten nicht schon wieder draußen saß. Denn den durchgebrochenen Wormser Martin Röser, ein Kumpel von Nationalspieler André Schürrle, konnte Sprint nur durch ein Foul bremsen. Sprint sah die Gelbe Karte, eine letztlich richtige Entscheidung des guten Schiedsrichters Norbert Grudzinski. Was aber nichts daran änderte, dass Sprint beim Strafstoß von Tim Bauer machtlos war.

Der Wormser Trainer Ronny Borchers, einst bei Eintracht Frankfurt zum Nationalspieler gereift, nahm die frühe Führung zum Anlass, noch entspannter am Spielfeldrand zu stehen – mit rotem Käppi, weißem Poloshirt und kurzer blauer Hose sah der 55-Jährige ohnehin so aus, als schaue er nur kurz von einem Familienausflug im Stadion vorbei.

Borchers hatte seine Mannschaft, nach zwei Spieltagen und zwei Unentschieden aktueller Zwölfter der Regionalliga, bestens auf den Gegner vorbereitet. Die Hertha gelangte kaum einmal gefährlich vor das Tor des bei hohen Bällen unsicher wirkenden Kevin Knödler.

Ihr-seid-so-lächerlich-Rufe der Hertha-Fans

Auf der anderen Seite hatten Franz und Lustenberger nicht nur vorm 0:1 Probleme, das hohe Tempo der Wormser Offensivspieler mitzugehen. Franz machte sich allerdings wiederholt in seiner Körpersprache verdient um die Gemütslage seiner Teamkollegen, von denen einige schon nach einer Viertelstunde kollektiv Köpfe und Schultern hängen ließen. Am laut Wormser Stadionsprecher „heißesten Tag der letzten hundert Jahre“ sah das nicht gut aus.

Zwar bäumte sich die Hertha noch auf, erspielte sich einige Chancen, Ramos sorgte nach dem Wechsel in zentraler Position für Druck und der schwache Wagner schaffte mit einem Abstauber nach Kopfballverlängerung von Spielführer Peter Niemeyer den Ausgleich in der 63. Minute. Aber viel mehr kam dann nicht. Stattdessen setzte sich der eingewechselte Romas Dressler in der 82. Minute gegen Alfredo Morales durch und drückte den Ball zum Sieg für die Gastgeber über die Linie.

Beim Schlusspfiff brachen in Worms alle Dämme, derweil Hertha-Manager Michael Preetz und Luhukay sich eilig in die Kabine verzogen und die etwa 500 Hertha-Fans die Profis mit Ihr-seid-so-lächerlich-Rufen verabschiedeten. Trainer Jos Luhukay aber verteidigte seine Mannschaft: „Eine Wutrede werden Sie von mir nicht hören. Die Spieler sind an die Grenze gegangen.“ Wenn das tatsächlich so war, dann ist diese Grenze viel zu nah am Niveau der vierten Liga dran.