Frankfurter Rundschau | Frisches Geld zum Löcher stopfen

21.08.2012

Wormatia Worms sorgt mit dem Pokalcoup gegen Hertha BSC für Schlagzeilen. Der Erfolg ist auch ein Verdienst von Trainer Ronald Borchers. Der ehemalige Nationalspieler von Eintracht Frankfurt leistet in Worms hervorragende Arbeit.

Am Montag saß Ronald Borchers schon in aller Früh wieder bestens gelaunt im Büro seiner kleinen Werbeagentur in Heusenstamm. Tags zuvor war der ehemalige Nationalspieler von Eintracht Frankfurt als Trainer von Wormatia Worms von 6000 Fans überschwänglich gefeiert worden: Borchers hatte seine Mannschaft zum 2:1-Pokalsieg über den Zweitligisten Hertha BSC geführt, ein Sieg, der für den Regionalligisten 250.000 Euro wert ist − und dem Traditionsverein mal wieder überregionale Schlagzeilen beschert.

Der einstige Trainer der Offenbacher Kickers und des FSV Frankfurt, der die Wormatia vor fast zwei Jahren prekär abstiegsgefährdet übernahm, hat nicht nur wegen des unverhofften Pokalerfolgs hervorragende Arbeit beim einstigen Zweitligisten abgeliefert. „Ich kam hier in einer Extremsituation an, der Klub war zweimal nur deshalb nicht abgestiegen, weil andere Vereine Insolvenz anmelden mussten, und befand sich schon wieder in akuter Abstiegsgefahr.“ Borchers schaffte mit seinem Team als Rückrunden-Dritter überraschend sicher die Rettung und führte die Wormatia vergangene Saison sogar auf Rang vier.

Ein Vollprofi und jede Menge Studenten

Aber es sind bestimmt keine einfachen Arbeitsbedingungen in Worms. Seit Monaten trainiert die Mannschaft auf dem Hauptfeld im Stadion, weil der Trainingsplatz, so Borchers, „mit brutalen Löchern“ übersät ist. „Aber jetzt haben wir ja ein bisschen Geld, um die Löcher zu stopfen“, freut sich der Chefcoach, der zudem dafür gesorgt hat, dass nach jedem Training jetzt auch ein Physiotherapeut sich um die Spieler kümmert. Die Mehrzahl sind Studenten, einige arbeiten ganz normal 38 Stunden pro Woche und können das freiwillige Training am Dienstagmittag allenfalls in der Mittagspause reinschieben.

Nur der Siegtorschütze Ramos Dressler (24) ist so eine Art Vollprofi, muss angesichts des mageren Einkommens in der Vierten Liga aber auch darüber nachdenken, ob er nicht bald einen Job antritt. „Ich kann jedem Spieler nur raten, den Kopf nicht nur auf Fußball zu justieren“, sagt Borchers. Fünfmal wöchentlich macht der seit ein paar Tagen 55-Jährige sich auf die 81 Kilometer lange Strecke nach Worms, zum Hobby Golfspielen kommt er so gut wie gar nicht mehr.

Am Mittwoch gegen Ulm

Am Mittwochabend steht nach durchwachsenem Wormser Saisonstart (zwei Unentschieden) die Partie beim SSV Ulm an. „Das sieht bei uns so aus“, beschreibt Borchers: „Wir fahren mittags los auf die kleine Weltreise, haben Spaghetti und ein paar Stücke Kuchen dabei, die wir uns irgendwann an einer Raststätte auf die Teller klatschen, und nach dem Spiel geht es sofort zurück, in der Nacht kommen wir dann wieder an.“

Borchers ist dennoch glücklich, er ist als Fachmann hoch anerkannt in Worms, nicht erst seit dem Coup vom Sonntag gegen die Hertha, als er spätabends und nach einigen Bier nicht mehr ganz topfit, noch im SWR in Mainz als Studiogast eine gute Figur abgab. Da hatte sein alter Kumpel, der Eintracht-Recke Bernd Nickel, schon angerufen und zum Sieg gratuliert.