Diesmal war alles anders

Das Spiel unter Kontrolle, die bessere Mannschaft, aber vor dem Tor fehlt der letzte Schliff und mit der ersten Chance macht der Gast auch noch das 0:1, nach einer simplen Ablage mit der Hacke. So konnte man die ersten 25 Minuten letzte Woche gegen Cloppenburg zusammenfassen. Und genau so erging es auch Gastgeber SC Verl gestern.
Zunächst die Aufstellung: Für den gelb-gesperrten Dennis Probst rückte Matthias Lang ins defensive Mittelfeld, dafür rückte Sandro Roesner wieder in die Innenverteidigung und Thomas Süß kam wieder als Rechtsverteidiger ins Team. Nach seiner guten Leistung gegen Cloppenburg durfte sich Mario Cuc erneut im linken Mittelfeld beweisen. Zu Christian Bolm als einzige Spitze gesellten sich im Laufe der Partie je nach Situation Mahir Sahin (für Marcel Gebhardt in der Startelf) oder Michael Anicic.
Vor etwa 50 mitgereisten Wormsern (inklusive einem Tourist von RW Essen) und enttäuschenden 350 Einheimischen übernahm Gastgeber Verl von Beginn an die Kontrolle. Gepflegtes Kurzpassspiel und robustes Zweikampfverhalten sorgten für ein optisches Übergewicht. Wormatia hielt dagegen und versuchte den ein oder anderen Vorstoß, doch nach vorne gab es kein Durchkommen. Lücken dagegen gab es auf Wormatias linker Seite mit Liesenfeld und Cuc, Verl konnte hier in der Anfangsphase mehrmals durchbrechen. Doch entweder konnten Roesner und Co. die Situation bereinigen oder die Verler Angreifer schenkten die Chancen mit schlampigen Zuspielen her. So wurde es in der 18. Minute richtig brenzlig, als Cuc an der Außenlinie übermotiviert in den Zweikampf ging und seinem Gegenspieler über die Füße stolperte, Verl aus der Überzahlsituation aber nichts zustande brachte. Kurz nachdem Verl eine ähnliche Situation wiederum nicht nutzte, kam Wormatia erstmals gefährlich vor’s Tor. Nach einer einfachen Ablage per Hacke hatte Mahir Sahin plötzlich freie Bahn und schlug eine Flanke aus dem Halbfeld in den Strafraum. Dort hatte der aufgerückte Mario CUC alle Mühe, den ungünstig aufspringenden Ball unter Kontrolle zu bringen und doch genug Zeit und Coolness, diesen über den herausstürzenden Madic hinweg ins Tor zu heben (25.). Mit der ersten Chance in Führung gegangen – diesmal war alles anders. Vier Minuten später hatte Cuc die nächste Chance, bei seinem Volleyschuss von der Strafraumkante traf er den Ball aber nicht voll. Die letzten zehn Minuten vor der Pause gehörten den Verlern. In der 35. Minute musste Manuel Wolff einen flach getretenen Freistoß parieren, vier Minuten später versuchte Barbara einen Elfmeter zu schinden und in der 43. klärte der starke Niels Magin in letzter Sekunde vor Knappmann.
Halbzeit zwei begann mit einem Torschuss von Fabian Liesenfeld, danach wäre Christian Bolm nach der schönsten Kombination des Spiels frei durch gewesen, wäre er nicht zu Fall gebracht worden. Schiri Heitmann muss in diesem Moment gerade weggesehen haben, jedenfalls ließ er hier unverständlicherweise weiterspielen. Es wurde in den letzten Wochen oft bemängelt, die Mannschaft zeige keinen Kampfgeist und gebe nicht alles. Die 55. Minute demonstrierte eindrucksvoll das Gegenteil: Mario Cuc attackierte den ballführenden Abwehrspieler vehement, bis er ihm an der Torauslinie den Ball abluchste und zum mitgelaufenen Matthias Lang ablegegen konnte – dessen Schuss stellte Mandic aber vor keine größeren Probleme. Danach zog sich der VfR zurück und beschränkte sich in der restlichen Spielzeit auf die Defensive, von gelegentlichen Konterversuchen (die meist in teils fragwürdigen Abseitsentscheidungen endeten) mal abgesehen. Die letzte halbe Stunde fand zum Großteil in der Wormser Spielhälfte statt, was dem Nervenkostüm des mitgereisten Anhangs nicht zuträglich war. Christian Bolm hatte, wunderbar freigespielt, zwischendurch eine Möglichkeit, traf aus spitzem Winkel das Tor aber nicht (65.). Im Gegenzug dann die dickste Chance des Spiels zum Ausgleich, Manuel Wolff fischte den strammen Schuss aber klasse aus dem Winkel. Zwei Minuten vor Schluss köpfte Knappmann nochmal knapp am Tor vorbei. Dazwischen lagen viele Verler Versuche zum Abschluss zu kommen, Wormatia behielt in zeitweisem Belagerungszustand aber einen kühlen Kopf. Das galt auf Verler Seite nicht für den eingewechselten Hop, sein Tritt von hinten gegen Liesenfeld galt nur dem Gegner und wurde mit Gelb sehr gnädig bestraft. Zu diesem Zeitpunkt steckte man mitten in den ominösen letzten fünf Minuten, die viel zu oft böse für Wormatia endeten. Doch diesmal war alles anders. Bei einem Konter in der letzten Minute konnte sich Mario Cuc links durchsetzen, spielte seinem Gegenspieler einen Querpass durch die Beine zum mitgelaufenen Christian BOLM und der beendete seinen bis dahin durchwachsenen Auftritt mit dem 2:0 (89.). Was folgte war eine einzige Jubeltraube mit den Fans am Zaun und der Schlusspfiff wenig später.
Der erste Sieg seit November, erstmals drei Spiele in Folge ungeschlagen, eine Niederlage aus den letzten fünf Spielen. Das liest sich alles recht gut. Viel besser allerdings die Szene nach dem Schlusspfiff: Arm in Arm bildeten die Spieler einen Jubelkreis und Trainer Trares mittendrin. Demotiviert? In der Mannschaft stimmt es nicht? Der Trainer erreicht die Spieler nicht mehr? Absurde Behauptungen angesichts dieser Szenen.

Wormatia Worms
Wolff – Süß, Roesner, Magin, Liesenfeld – Lang, Bopp – Sahin (60. Helmlinger), Anicic (84. Gebhardt), Cuc (90. Hertlein) – Bolm

Zitat des Tages:
"Rheinland-Pfalz? Mein Kollege dachte, Worms liegt irgendwo im Ruhrpott."
(Bildungslücken bei der freundlichen Polizei)