110 bei Wormatia kein Notruf

Beim traditionellen Jahresempfang des VfR Wormatia am Sonntag im Brauhaus „12 Apostel“ stand  die Zahl 110 im Fokus. Es ging dabei allerdings nicht etwa um die bekannte Notrufnummer, sondern vielmehr um den 110. Geburtstag der „alten Dame“ Wormatia, die sich trotz ihres gesegneten Alters jung, vital und sympathisch präsentierte. Und die mit Zuversicht, aber auch gesundem Realitätssinn und mit neuen Ideen in ihr 110. Lebensjahr startet.

Einen besonderen Akzent im Jubiläumsjahr soll die Aktion „110 mal 110“ setzen. Gert Bickel und Sascha Kaiser, die für den Marketing-Bereich zuständigen Vorstandsmitglieder, präsentierten unter dem optimistischen Motto „Im ersten Heimspiel der Saison 2018/19 ein volles Stadion“ ihren ausgeklügelten Plan, zum Rundenstart in der EWR-Arena ein attraktives Fußball-Event für die ganze Familie zu inszenieren. Und die dazu notwendigen Finanzmittel sollen durch die Kampagne „110 mal 110“ erbracht werden: 110 Sponsoren zahlen jeweils 110 Euro in den Event-Topf ein und erhalten dafür neben einer Freikarte noch weitere interessante Anerkennungen.

Bei diesem Spektakel werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Sportvorstand Marcel Gebhardt, Trainer Steven Jones und Mannschaftskapitän Patrick Auracher dabei sein. In der Talkrunde mit Rainer Sprinz und Jens Silex äußerten sich die drei sportlich Verantwortlichen mit Blick auf die nahe Zukunft recht optimistisch.  „Mir gefällt die familiäre Atmosphäre bei Wormatia sehr gut, alle sind sehr freundlich und herzlich“, wünscht sich Patrick Aumacher ein längeres Bleiben in Worms. Und dies nicht nur in der Regionalliga: „Irgendwann muss man auch mal nach oben schielen…“  Und Trainer Steven Jones pflichtete ihm bei: „Jeder Spieler und jeder sportlich Verantwortliche hat die Vision, mal nach oben zu kommen.“

Nicht nach oben, sondern erst mal zurück richtete Vorsitzender Tim Brauer seinen Blick. Er gab zu Beginn einen kurzen Abriss der nunmehr 110-jährigen Vereinsgeschichte, an deren Anfang die überwiegend aus Heyl’schen Leder-Arbeitern bestehenden Wormatia-Kicker ihren zunächst ziemlich  abschätzigen, später dann aber fast liebevollen Spitznamen „Bachbutzer“ erhielten. Aus diesen sehr bescheidenen Anfängen sei mittlerweile ein Verein mit einem 1,5-Millionen-Etat erwachsen, der durchaus mit einem mittelständigen Unternehmen gleichzusetzen sei, meinte Tim Brauer und schloss gleich die berechtigte Frage an: „Wie lange kann ein solcher Klub noch ehrenamtlich geführt werden?“ Ohne eine direkte Antwort zu geben versprach der Vorsitzende jedoch: „Der VfR Wormatia wird auf jeden Fall auch weiterhin alles dafür tun, seine sportlichen, gesellschaftlichen und sozialen Aufgaben zu erfüllen.“

Daran anknüpfend forderte Helmut Emler, der Vorsitzende des Wirtschafts- und Verwaltungsrates: „Unser Verein muss noch unternehmerischer gestaltet werden.“ In einer ungewohnt offenen Brandrede plädierte Emler für den Erhalt wirtschaftlicher Priorität als oberste Prämisse im Verein.  „Wir spielen seit 10 Jahren in der Regionalliga und wollen dies natürlich auch gerne weiterhin, aber nicht um jeden Preis!“ Auf der Einnahmen-Seite trete man auf der Stelle. Deshalb habe man entschieden, die Marketing- und Vertriebsaktivitäten des Vereins personell und inhaltlich weiter zu verstärken. Wir sind überzeugt, Wormatia ist und bleibt eine Wormser MARKE und ist jegliche Form an Unterstützung auch in Zukunft wert. Den DFB-Pokal sollte man nicht als finanzielle „Wundertüte“ betrachten, empfahl Helmut Emler dem Verein und seinen Verantwortlichen vor allem Realitätssinn,  Bodenhaftung und Mut auch zu unpopulären Entscheidungen. Zum Schluss zeigte er sich überzeugt davon, dass „unsere Wormatia weiterhin ein Markenzeichen und echter Werbeträger der Stadt ist“.

Dies bestätigte anschließend auch OB Michael Kissel: „Ebenso wie die Nibelungen oder der Dom bietet auch die Wormatia seit vielen Jahren eine gute Plattform zur Identifikation mit unserer Stadt.“ Deshalb unterstützte man den Verein auch nach besten Kräften, habe im vergangenen Jahr mit der Finanzierung des neuen Hybrid-Rasens im Stadion einen jahrzehntelangen Missstand endlich beseitigt und werde den Verein auch bei der notwendigen Sanierung des Klubhauses  unterstützen, versprach der Oberbürgermeister, der Wormatia als „ein gutes Stück unserer Stadt“ lobte.

Zum Entstehen dieses „guten Stücks“ haben vor allem auch jene 23 Spieler beigetragen, die über 200 Spiele im rot-weißen Wormatia-Trikot bestritten. Insgesamt 14 dieser „langjährigen Lebensabschnitts-Gefährten unsere alten Dame“, so Moderator Gerd Obenauer, leben noch. Sie alle wurden jetzt zum Jahresempfang eingeladen. Die Hälfte davon kam, die meisten anderen mussten aus verständlichen Gründen absagen. Angeführt von Rekordhalter Walli Günther (464 Spiele) und Heiner Schmieh (nur 5 Spiele weniger), durften sich auch Volker Radtke, Armin Reichel, Ralf Karb, Steven Jones und Marcel Gebhardt noch einmal mit viel Beifall feiern lassen. Eine sehr gute Idee der „Macher“ des diesjährigen Jahresempfangs, der von Gerd Obenauer in gewohnt charmanter Weise moderiert wurde.

Für ihr großes ehrenamtliches Vereinsengagement wurden geehrt: Rainer Sprinz für sein langjähriges Wirken als Stadionsprecher und Moderator u.a. der Pressekonferenzen nach Heimspielen sowie Christian Bub, der sich neben vielen anderen Aktivitäten für Wormatia vor allem als Archivar einer sehr eindrucksvollen Vereins-Chronik schon in jungen Jahren einen legendären Ruf erworben hat. Als „Archiv-Bub“ bestens bekannt, setzte er zudem beim diesjährigen Jahresempfang mit historischen Fotos und bewegten Bildern aus der 110-jährigen Wormatia-Geschichte ein optisches Highlight (Hier geht es direkt zum Video).

Frank Beier