Auswärtsbann bricht in der Nachspielzeit

386 Tage nach dem letzten Auswärtssieg bricht der Bann auf dem Betze. Und das nach frühem 2:0-Rückstand. Doch Filimon Gerezgiher, Lennart Grimmer, Emmanuel Léone Kouadio und Jan Dahlke drehen das Spiel gegen den FCK II in einen 4:2-Sieg.

Ursprünglich nur auf einer Position wollte Trainer Kristjan Glibo die Mannschaft verändern und wieder Geovane Oliveira Damaceno statt Koki Matsumoto beginnen lassen. Doch dann zwickte es Luca Graciotti beim Warmmachen im Oberschenkel und Jan-Philipp Schünke durfte kurzfristig sein Startelfdebüt geben.

Die Anfangsminuten liefen diesmal ganz anders als bisher gewohnt. Statt stürmischen Wormaten sah man stürmische Lautrer. Und schon nach zehn Minuten schien das Spiel bereits gelaufen. Clirim Recica wurde im Spielaufbau von zwei früh pressenden Gegenspielern in die Zange genommen, Singer schnappte sich den Ball, setzte sich über die linke Seite durch und schlenzte an Niklas Reichel vorbei zum 1:0 über die Linie (5.). Ein weiterer druckvoller Angriff rollte dann durch die Mitte, Justus Klein schoss nach kraftvollem Antritt rechts unten ein und erhöhte auf 2:0 (10.). Die Wormaten waren noch gar nicht richtig auf dem Platz, zu weit weg vom Gegner und ließen sich von Lautrer Ballstafetten ausspielen. Es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, wie so ein Spiel letzte Saison ausgegangen wäre.

Doch die junge Wormatia-Elf berappelte sich und begann sich zu wehren. Wäre bei Gerezgihers Pass nicht noch ein Abwehrfuß dazwischen gewesen, Oliveira Damaceno hätte frei vor dem Tor gestanden (15.). Reichel verhinderte dann einen dritten Gegentreffer gegen Gözütok (18.), im Gegenzug schaffte der VfR mit dem ersten Torschuss den Anschluss. Schünke spielte den tödlichen Pass in den Lauf von Filimon Gerezgiher, der stand frei vor Torwart Raab und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen – 2:1 (19.). Und es kam noch besser. Angespielt von Eric Lickert, ließ Lennart Grimmer mit einer schnellen Drehung und einem Hackentrick seinen Gegenspieler an der Strafraumkante ganz alt aussehen und drosch den Ball mit einem Schrägschuss an den linken Innenpfosten unhaltbar zum 2:2-Ausgleich (24.). Ein Traumtor! Danach tat sich nicht mehr viel auf beiden Seiten, Lickert warf sich kurz vor dem Pausenpfiff in höchster Not nochmal in einen Schuss und mit dem Unentschieden ging es in die Kabinen.

Auch im zweiten Durchgang waren es die Gastgeber, die mit ordentlich Druck loslegten. Ein Freistoß flog gefährlich an Freund, Feind und Reichels Kasten vorbei (47.), der dann bei einem Schuss aus spitzem Winkel zur Stelle war (49.). Durchatmen, dass Singer nach ganz starkem Pass der Ball über den Spann rutschte (55.) und Reichel bei Justus Kleins Distanzschuss den Ball aus der Gefahrenzone pritschte (57.). Auch in der 68. Minute brannte es ganz ordentlich, diesmal setzte Klein den Ball unter Bedrängnis rechts vorbei. Und in der 86. Minute jubelte das Heimpublikum bereits, doch Gözütok hatte nur das Außennetz getroffen. 

Die Wormaten? Setzten auf Konter und gingen bei eigenem Ballbesitz auch mal mit vier Mann in den Sturm. Torchancen blieben zunächst aber aus. Ob bei Grimmer (54.), Dahlke (56.) oder Matsumoto (61.), immer wieder warf sich ein Lautrer in den Schuss und blockte ab. Erst Schünkes Aufsetzer nach Eckball ging durch, Raab war rechtzeitig mit den Fäusten zur Stelle (62.). Mit der Einwechslung von Maurizio Macorig für den müden Perric Afari zwanzig Minuten vor Schluss wurde der Lautrer Angriffselan etwas ausgebremst und als letzte Waffe brachte Glibo noch Emmanuel Léonce Kouadio für den angeschlagenen Oliveira Damaceno. Überraschenderweise ging der Rechtsverteidiger in den Sturm, zeigte als lauffreudiger Unruheherd aber gleich den Grund für diese Entscheidung.

Eigentlich hätte man angesichts des Spielverlaufs und der ständigen Attacken der Lautrer erwarten können, dass die Wormaten den einen Punkt als hart erkämpften Erfolg verbuchen und in den Schlussminuten verteidigen würden. Weit gefehlt! Bei einem Eckball flog Jan Dahlke vorbei und Matsumoto drückte den Ball über das Tor (81.), spätestens der Klasse-Pass von Lickert und die gerade noch abgefangene Hereingabe von Recica waren noch einmal so etwas wie ein Angriffssignal (90.). Die nachfolgende Ecke wurde abgewehrt, doch die Wormaten setzten nach, die Flanke von links konnte Torwart Raab nicht festhalten, Matsumotos etwas verunglückter Seitfallzieher traf den Kopf von Kouadio und der Ball trudelte vor dem fassungslosen Gästeblock zum 2:3 tatsächlich über die Linie. Ja sollte denn wirklich endlich wieder ein Auswärtssieg gelingen? Lange stellte sich diese Frage nicht, denn Dahlke fasste sich ein Herz, schoss fast von der Mittellinie und der Ball flutschte durch die Fingerspitzen des zurückgeeilten Raab zum 2:4 ins Tor (90.+2). Durch einen Doppelpack in der Nachspielzeit tatsächlich das Spiel gedreht – unglaublich! Reichel lenkte nochmal einen Klein-Schuss an den Pfosten, dann war der erste Auswärtssieg nach fast 13 Monaten tatsächlich perfekt.

Einen besseren Auftakt zum Backfischfest hätte es kaum geben können. Nun warten zwei Heimspiele unter Flutlicht auf die Wormaten. Am Freitag kommt Hassia Bingen, am darauf folgenden Mittwoch wartet das Pokalderby gegen die TSG Pfeddersheim.

Tore: 1:0 Singer (5.), 2:0 J. Klein (10.), 2:1 Gerezgiher (19.), 2:2 Grimmer (24.), 2:3 Kouadio (90.), 2:4 Dahlke (90.+2)
Gelb: ? (36.), Gottwalt (51.), Löschner (72.) / Recica (76.)
Zuschauer: 305  Schiedsrichter: Julian Jung (Eichelhardt)

Wormatia Worms
N. Reichel – Recica, Ogorodnik, Tzimanis, Grimmer – Oliveira Damaceno (78. Kouadio), Lickert, Afari (71. Macorig), Gerezgiher (59. Matsumoto) – Dahlke, Schünke.

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