Trierscher Volksfreund | Eintracht Trier: Aufstieg nach nur acht Spielen?

12.03.2021

 Alles andere als ein Abbruch der Fußball-Oberliga-Saison käme überraschend. Bei einer Meinungsabfrage des Regionalverbands waren die Befürworter einer Fortsetzung  eindeutig in der Minderheit. Der Regionalliga soll trotzdem ein Aufsteiger gemeldet werden.

Am Ende der rund eineinhalbstündigen Videokonferenz mit den Verantwortlichen des Fußball-Regionalverbands Südwest ergriff der Dienstälteste der virtuell anwesenden Clubvertreter das Wort. „Ich hätte nie gedacht“, so Salmrohrs Ehrenpräsident Peter Rauen, „dass ich mal für einen Saisonabbruch wäre. So was ist mir eigentlich zuwider“. Doch ähnlich wie weitere 18 der 23 zugeschalteten Vereinsoffiziellen der Nord- und Südgruppe der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar sähe auch der 76-Jährige „zu viel Kraft und Geld verschwendet, wenn wir diese Saison noch spielen wollen. Die nächste wird noch schwer genug“.

Im Vorfeld des Meetings am Donnerstagabend hatten sich die Oberligaclubs durch einen Rundbrief des FSV Salmrohr und eine interne Online-Besprechung am Dienstag zuvor bereits abgestimmt und einen Abbruch gefordert (TV berichtete).

Auch die vom Spielausschuss des Regionalverbands erstmals konkret präsentierten Modelle, eine nun abgekürzte Saison noch zu beenden und so auf sportlichem Wege Auf- und Absteiger zu ermitteln, brachte keinen Stimmungsumschwung.

Während das Anfang März erarbeitete Modell, die sogenannte Vorrunde mit insgesamt 22 Spielen – Eintracht Trier hätte dann etwa noch 14, Salmrohr 13 Spiele auszutragen – inzwischen vom Tisch ist, hat das zweite Modell weniger Partien zu bieten: Demnach würde die Hinserie der Vorrunde beendet (alle Teams hätten dann elf Spiele), und anschließend würden die oberen und unteren sechs Teams über Kreuz eine Einfachrunde austragen. Somit stünden für die meisten Mannschaften noch acht oder neun Partien auf dem Programm (TV berichtete vorab). Als Starttermine wurden der 18. und 25. April genannt. Losgehen soll es mit Nachholspielen. Je nach zeitlicher Variante gibt es dann zwei oder drei Wochenspieltage.

Stress würde das gerade für eine Mannschaft wie den FV Engers bedeuten (mit noch elf ausstehenden Spielen). Der Vorsitzende des Traditionsclubs aus dem Neuwieder Stadtteil, Martin Hahn, brachte Emotionalität in die Runde hinein: „Wenn wir einen Teil der Vereine gegen die Wand fahren wollen, müssen wir das so machen. Das gleicht Russisch Roulette.“ Aus sportlicher (wegen der geringen Anzahl der Spiele), finanzieller (keine Einnahmen während der Heimspiele) und vor allem gesundheitlicher Sicht (erhöhte Verletzungsgefahr nach langer Pause und vergleichsweise kurze Vorbereitung sowie das Risiko einer Corona-Infektion) sei eine Fortsetzung der seit Ende Oktober unterbrochenen Oberliga-Spielzeit 2020/21 nicht zu verantworten, so Hahn. Er würde gerne darauf verzichten, angesichts der fragilen Corona-Lage noch wochenlang im Unsicheren sein zu müssen.

„Die Inzidenzzahlen steigen wieder. Das Virus lässt sich nicht vom Fußball beeinflussen“, gab Klaus Mohr, 2. Vorsitzender des SV Alemannia Waldalgesheim, zu bedenken.  Matthias Richter, Vorstand Sport des FC Speyer 09, sorgt sich um die Außendarstellung des Fußballs: „Viele Menschen haben derzeit große Schwierigkeiten – und wir diskutieren darüber, so schnell wie möglich wieder Fußball zu spielen. Lasst uns doch nicht so einen Druck machen. Fangen wir mit den Kindern an und bringen sie erst wieder langsam ans Spielen.“ Zu viele Fragezeichen sieht Salmrohrs 2. Vorsitzender und Fußballchef Karl-Heinz Kieren, wie etwa bei möglichen Corona-Tests: „Wenn die Inzidenz weiter steigt und man nur mit einem negativen Ergebnis auf den Platz darf: Wer bezahlt das? Wer kontrolliert das?“ Für Nils Lappahn, Vizepräsident der TuS Koblenz, „geht Fußball ohne Zuschauer gar nicht“. Frühestens mit Beginn der neue Saison könne man wieder darauf hoffen, Besucher im Stadion empfangen zu dürfen, hat Walter Desch, der Präsident des Fußballverbandes Rheinland, Gesprächen mit der Politik entnommen.

Auch bei den Spitzenreitern der Süd- und Nordgruppe, Wormatia Worms und Eintracht Trier, weiß man um die „alles andere als optimalen Bedingungen“, so der Sportvorstand der Nibelungenstädter, Ibrahim Kurt. Eine Fortsetzung der Runde wäre aus seiner Sicht „aber auch ein positives Signal an die Politik – und außerdem: Waren nicht alle heiß darauf, wieder auf den Platz zurückzukehren?“ Genauso wie Triers Vorstandssprecher Alfons Jochem würde die Wormatia nur allzu gerne eine bislang erfolgreiche Saison zu Ende führen. „Der Standpunkt bestimmt die Perspektive“, machte Jochem aus seiner pragmatischen Sichtweise keinen Hehl. Daneben plädierte nur der Vertreter der SV 07 Elversberg II, Jens Kiefer, fürs Weiterspielen. Und wenn denn die große Mehrheit aufhören will, regte der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums der Saarländer zumindest eine Aufstiegsrunde unter den Mannschaften an, die weiterspielen möchten. „Die Punkte aus den direkten Duellen gegen  Mannschaften aus der gleichen Staffel könnte man ja übernehmen“, so der Vorschlag von Kiefer, der im Frühjahr 2014 auch mal einige Wochen lang Eintracht Trier trainiert hat.

Die Aufstiegsfrage könnte sich noch zu einem heißen Thema entwickeln. Einerseits würde der Regionalverband bei einem Abbruch den Ersten (hier liegt Eintracht Trier vom Punktequotienten her knapp vor Worms) und den Zweiten (für die Aufstiegsrunde mit den Oberligavertretern aus Hessen und Baden-Württemberg) melden, andererseits müsste die Gesellschafterversammlung der Regionalliga der Aufnahme auch zustimmen. Diesem Gremium gehören die Präsidenten der sieben an der Liga beteiligten Landesverbände und jene der Regionalverbände Süd und Südwest an. Walter Desch als Vertreter des Fußballverbandes Rheinland versprach in der Videokonferenz, sich bei der Regionalliga dafür stark zu machen, auch einen eventuellen Abbruchmeister aus der Oberliga Rheinland-Pfalz-Saar – trotz erst acht (Trier) oder wie im Falle von Worms neun bestrittenen Spielen zuzulassen.

Salmrohrs Ehrenpräsident Rauen rief dazu auf, „eine Lösung zu finden, wie Trier und Worms, die in ihren Ligen den Ton klar angeben, um den Aufstieg spielen können“. Zudem forderte der langjährige FSV-Funktionär, die Landespokale erst im Sommer fortzusetzen: „Da ist auch die Solidarität des Profifußballs gefragt.“ Der Pokal habe derzeit sogar Vorrang gegenüber der Liga, so Oberliga-Spielleiter Bernd Schneider. Desch verwies auf fixe Fernsehverträge für den bundesweiten Finaltag der Amateure am 29. Mai. Sich nur für den Pokal vorzubereiten – für die meisten Oberligisten ist das ein geradezu realitätsfremdes Szenario. Walter Desch hat Verständnis dafür, dass Clubs gerade aus Ligen unterhalb der Oberliga den Trainingsbetrieb nicht für eine oder zwei Pokalpartien hochfahren wollen und brachte am Freitag gegenüber dem TV die Möglichkeit eines freiwilligen Ausscheidens ins Gespräch.

Das klare Meinungsbild, was den Oberligaabbruch angeht, haben die Verantwortlichen des Regionalverbands am Donnerstagabend  registriert. Wie es weiter geht, soll Ende des Monats in einer derzeit noch nicht genau terminierten Präsidiumssitzung geklärt werden.