Wormser Zeitung | Wormatia-Coach Glibo: „Die Visitenkarte ist die Tabelle“

24.12.2020

Mit 24 Punkten aus neun Spielen überwintert Wormatia Worms an der Tabellenspitze der Oberliga Süd-Staffel. Warum die Saison bislang so gut lief, verrät Trainer Kristjan Glibo.

WORMS - Es ist ruhig geworden rund um die Oberliga-Fußballer des VfR Wormatia Worms. Mit 24 Punkten aus neun Spielen überwintert die Mannschaft von Trainer Kristjan Glibo (38) an der Tabellenspitze. Doch so verlassen die Anlage an der Alzeyer Straße inmitten der Corona-Pandemie auch ist, im Verborgenen arbeiten die Wormaten akribisch auf den Tag hin, da sie wieder auf den Platz zurückkehren dürfen.

Herr Glibo, fast zwei Monate konnten Sie nicht mehr mit der Mannschaft trainieren. Wie sieht Ihr Alltag derzeit aus?

Viel Zeit kann man aktuell mit der Familie gestalten, was etwas sehr Schönes ist. Meine zwei Kinder halten mich da sehr auf Trab. Das genießt man gerade sehr, vor allem jetzt in der Vorweihnachtszeit. Da ist es auch wichtig, einfach mal abzuschalten. Wir verbringen viel Zeit mit der Familie und haben da unsere Rituale wie Plätzchen backen oder eine Weihnachtsgeschichte, aus der die Kinder jeden Morgen vorlesen. Dann startet man ganz anders in den Tag und das ist einfach schön.

Parallel dazu ruht die Arbeit aber natürlich nicht…

Auf keinen Fall, langweilig wird es mir nicht. Eine Zeit ohne Training heißt ja nicht, dass wir jetzt nichts machen. Die Arbeit muss weitergehen und wir schauen, was wir verbessern können.

Wie sieht das Training derzeit für Ihre Spieler aus?

Wir versuchen schon, das Fitnesslevel beizubehalten. Die Jungs machen vier Einheiten in der Woche. Natürlich gibt es über die Feiertage und Neujahr dann auch mal Blöcke mit Pausen, aber wir wollen schon ein gutes Niveau halten. Natürlich brauchst du dann trotzdem deine Einheiten mit Ball auf dem Platz, das ist ja eine ganze andere Belastung, aber es ist extrem wichtig, jetzt nicht auf der faulen Haut zu sitzen. Das machen die Jungs auch wieder hervorragend.

Und der Trainer?

Der Trainer wertet die Trainingsergebnisse aus, behält das Fitnesslevel im Blick und führt sehr viele Gespräche. Das sind die Hauptaufgaben und eine Menge Arbeit, bis du den ganzen Kader durch hast. Man kehrt ja auch etwas in sich und analysiert die Spiele nochmal für sich. Dadurch ergeben sich Schwerpunkte für das Training. Inhaltlich macht man sich permanent Gedanken, das füllt dann schon den Tag. Mir ist es aber auch wichtig, immer wieder den Kontakt zu meinen Spielern zu suchen.

Damit sich alle mitgenommen fühlen?

Absolut, jeder Spieler muss wertgeschätzt werden, damit er auch spürt, wie wichtig er für uns und die ganze Mannschaft ist. Deshalb schauen wir: Was können wir besser machen und an welchen Stellschrauben können wir noch drehen? Dabei musst du jeden mitnehmen, damit er auch versteht, warum er das macht. Das geht mal im Gespräch, mal mit Videosequenzen, in denen du dem Spieler Lösungsmöglichkeiten aufzeigst.

Was nehmen Sie aus diesen Gesprächen mit?

Feedback von den Spielern ist extrem wichtig, das bringt dich ja auch weiter. Ich muss ja den gesamten Spieler sehen, nicht nur das Fußballerische. Du musst wissen: Was sind die Hintergründe, privat, in der Schule, der Ausbildung oder im Beruf. Dann werden dir oft auch andere Dinge klarer und nur so funktioniert es.

Gut funktioniert hat Ihre Mannschaft auch in den bisherigen Spielen. Was macht sie stark?

Die Visitenkarte ist ja immer die Tabelle, von daher haben wir schon viel richtig gemacht. Wichtig war vor allem, dass wir stabiler geworden sind. Seit Beginn der Vorbereitung haben wir den Kader so zusammen, das wirkt sich natürlich positiv auf die Stabilität aus. In den Spielen, wo es drauf ankam, haben wir geliefert. Das zeigt, dass wir da schon den nächsten Schritt gegangen sind.

Wie äußert sich das auf dem Platz?

Wir haben 29 Tore geschossen, acht kassiert. Das ist eine sehr gute Quote. Mal die Null halten, gewisse Phasen ohne Gegentor überstehen oder auch mal durch einen Standard zum Erfolg kommen. Über 90 Minuten, und das Gefühl habe ich dieses Jahr, können wir immer nochmal einen draufsetzen. Bei fast drei Toren pro Spiel weißt du das einfach und das ist extrem wichtig. Dafür brauchst du auch gewisse Typen auf dem Platz und die haben wir.

An welchen Punkten wollen Sie noch arbeiten?

Ich möchte gezielt nochmal aufs Pressing eingehen und wie wir unser Spiel dem Gegner noch mehr aufdrücken können. Dabei ist es nicht so, dass wir etwas fatal schlecht gemacht haben. Ganz im Gegenteil. Mir geht es darum, im Detail zu arbeiten, auch dort die letzten Prozentpunkte raus zu kitzeln und die Automatismen weiter zu verfeinern.

Diese Spielweise setzt ein gutes Fitnesslevel voraus. Lässt sich die Grundlage dafür auch trotz des Lockdowns herstellen?

Es kommt ja auf die Herangehensweise an. Du kannst jetzt zuhause sitzen, Chips und Popcorn essen und dich dann wundern, wenn es weitergeht und du acht Wochen nichts gemacht hast. Oder du gehst ambitioniert an die Sache ran und jeder versucht, sich so fit zu machen, dass er eben nicht mehr einen so langen Anlauf braucht. Wichtig sind zwei Dinge: Was machst du jetzt und wie lange hast du Zeit bis zum ersten Spiel. Das beides in einen Topf und du kannst auch schnell wieder auf ein ordentliches Niveau kommen.

Wie optimistisch sind Sie, dass die Saison noch ordentlich zu Ende gespielt werden kann?

Ich glaube schon, dass das in der Konstellation mit den zwei Zwölfergruppen möglich ist. Bis Ende Januar wird man wohl nichts mit der Mannschaft machen können, daher bleibt das eine Geduldsfrage. Aber die Hinserie gibt uns ein gutes Gefühl und genau dort wollen wir anknüpfen, sobald es weitergeht.

Das Interview führte Martin Imruck.