Mit zehn Mann zum Last-Minute-Sieg

Nach siebzig Minuten in Unterzahl gegen Hessen Kassel trifft Benjamin Maas per Freistoß in der Schlussminute zum 1:0-Sieg.

„Der Fokus lag ganz klar auf dem Spiel gegen den Ball“, erläuterte Gästetrainer Matthias Mink seine Taktik auf dem gefürchteten Wormatia-Rasen. Den Gegner machen lassen, dann stören und kontern. In den ersten zehn Minuten griff das noch nicht, der VfR kontrollierte das Spiel und hatte mit Wolferts Drehschuss die erste Torchance (3.). Das Spiel mit dem Ball fiel den Wormaten allerdings schwer. Möglichst wenig Kontakt mit dem holprigen Rasen sollte das Spielgerät haben, lange Bälle waren daher das Mittel der Wahl. Gefahr brachte das allerdings nicht, also versuchte man es bald vermehrt mit flachem Kurzpassspiel. Die Gäste erkannten ihre Chance, störten früh und provozierten nun erfolgreich zahlreiche Ballverluste und Fehlpässe. In Kombination mit den gefährlichen Kontern ergriff die Wormaten eine gewisse Nervosität und Kassel riss das Spiel an sich. Mehrfach wurde es brenzlig vor Tim Pateroks Tor. Bektasi hatte die dicke Chance zur Führung und scheiterte bei freier Schussbahn an Paterok (12.), der auch gegen Damm zur Stelle war (14.). Später köpfte Kristian Maslanka das Spielgerät Bektasi vor der Nase weg (20.). Die nächste Szene sollte zum Knackpunkt des Spiels werden. Enis Saiti spielte von der Mittellinie aus einen Katastrophen-Rückpass, der Paterok zum Herauseilen aus dem Strafraum zwang. Wormatias Torhüter war zwar zuerst am Ball, spielte diesen jedoch genau in die Füße von Becker, der von Saiti gelegt wurde. Schiri Bergmann wertete das als Notbremse und stellte Saiti vom Platz (21.). Uneinigkeit darüber herrschte auf der Tribüne. Ja, das Tor war leer, der Ort des Geschehens aber auch 35 Meter entfernt in Nähe der Seitenlinie und zwei Wormaten schon an den Strafraum geeilt. Die Fernsehbilder des HR und dessen Kommentar bestätigen die Skepsis, dass es Gelb auch getan hätte. Dennoch eine vertretbare Entscheidung. Die Überzahl stärkte das Kasseler Selbstvertrauen sichtlich, offenbar wollte man sich die Entscheidung aber für den zweiten Durchgang aufsparen. Damm traf das Außennetz (41.), Bektasis Fernschuss lenkte Paterok zur Ecke (44.) – Zwingendes kam noch nicht zustande. Allerdings auch, weil die Wormaten in Unterzahl nun konzentrierter und defensiv sicherer zu Werke gingen. Plötzlich bot sich sogar Florian Treske eine überraschende Torchance (43.). Riesendusel dann allerdings kurz vor dem Pausenpfiff: Zahit Findik stoppte seinen Gegenspieler mit einem taktischen Foul in Strafraumnähe. Eine klare Gelbe Karte, allerdings war Findik bereits im Tumult nach dem Platzverweis verwarnt worden. Findiks bittendes „Schiri, ich hab schon Gelb“ und die Aussicht auf doppelte Unterzahl noch vor der Pause (wie im Hinspiel übrigens) verhinderten jedoch Bergmanns Griff in die Brusttasche.

Die zweite Halbzeit setzte das Spiel der ersten nahtlos fort. Kassel schien sich den VfR zurechtlegen zu wollen, der entscheidende Angriff nur eine Frage der Zeit. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass da noch was anbrennt“, widersprach allerdings Kristia Maslanka später im Interview vor der Pressekonferenz. Und in der Tat, mit fortschreitender Spieldauer zeigte sich, dass die Zurückhaltung der Hessen eher von einer gewissen Ratlosigkeit herrührte. Nach Bektasis Versuch mit der Hacke (53.) gelang den Gästen lange Zeit nichts. Erst Girth hatte eine Viertelstunde vor Schluss eine klare Möglichkeit und vergab kläglich in Pateroks Arme. Mit einer Fünfer-Abwehrkette machten die Wormaten hinten dicht. Insbesondere die Einwechslung von Neuzugang Mike Karwot stabilisierte die VfR-Defensive spürbar zusätzlich. Dabei verstanden es Karwot, Treske, Wolfert und später der eingewechselte Zinram jedoch, bei Kontern vereinzelte Nadelstiche zu setzen. Und als es zehn Minuten vor Schluss immer noch 0:0 stand, da schien sogar ein glücklicher Siegtreffer im Bereich des Möglichen. Insbesondere, als es in der Schlussminute nach einem Pressschlag einen großzügigen Freistoß in hervorragender Position gab. Seit der dritten Spielminute hatte Rauhut keinen Ball mehr auf sein Tor bekommen. Benjamin Maas trat an und zirkelte den Freistoß tatsächlich genau in den Winkel! Diebische Freude über die glückliche Führung auf dem Platz und auf den Rängen. In der Nachspielzeit schüttete der Fußballgott das Glück kübelweise in den Wormser Strafraum, gleich drei dicke Ausgleichmöglichkeiten erzwangen die nun alles nach vorne werfenden Gäste. Maas blockte einen Schmeer-Schuss, Eugen Gopko und Karwot kratzten zwei Kullerbälle von der Linie – danach war Schluss und der VfR Wormatia feierte glückliche, aber auch teuer bezahlte drei Punkte, denn neben Saiti wird auch Gopko (5. Gelbe) nächste Woche in Pirmasens fehlen. Umso wichtiger wäre es, dass der heute aussetzende Benni Himmel seine Oberschenkelprobleme bis dahin auskuriert hat.

Tor: 1:0 Maas (90./Freistoß)
\‘Gelb: Findik (23.), Treske (81.), Gopko (86.), Karwot (90.) / Girth (23.), Evljuskin (45.), Friedrich (60.), Schmeer (76.), St. Müller (88.)
Rot: Saiti (Wormatia), wegen Notbremse (21.)
Zuschauer: 1.061   Schiedsrichter: Manuel Bergmann (Erbach)

Wormatia Worms
Paterok – Gopko, Maas, Maslanka, Stulin – Loechelt, Findik (58. Karwot) – Antonaci (72. Zinram), Treske, Saiti – Wolfert (77. Özgün).

Pressekonferenz (mp3)

Fernsehbericht des HR